Stellte sich den Medien: Der neue DFB-Direktor für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft Rudi Völler. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Gollnow/dpa)

Rudi Völler ist immer noch Rudi Völler. Der 62-Jährige, der Hansi Flicks Nationalmannschaft aus WM-Frust und die Fans aus der bedrohlichen Gleichgültigkeit reißen soll, ließ während seiner Vorstellung als Sportchef immer wieder aufblitzen, warum Fußball-Deutschland einst ein Lied über ihn sang und die Fußball-Bosse ihn unbedingt zurückhaben wollten.

Beim Starkreden der taumelnden DFB-Auswahl für die Heim-EM 2024 inklusive großem Titelziel bekam auch die Innenministerin für Fehler bei der missratenen Katar-WM eingeschenkt. Nancy Faeser hätte «das ein oder andere lassen sollen», sagte Völler praktisch in einem Nebensatz seiner Kritik an der deutschen Rolle bei der Endrunde, die wenig überraschend «keine gute» gewesen war. Die SPD-Politikerin hatte öffentlichkeitswirksam beim ersten deutschen Spiel auf der Tribüne die von der FIFA verbotene «One Love»-Kapitänsbinde getragen. Die Überfrachtung mit Zeichen und Symbolik ist im Rückblick ein Puzzleteil des großen deutschen Scheiterns in der Vorrunde, das Völler jetzt wieder auf die Bühne brachte.

Glaube an das Team

«Ein bisschen demütiger müssen wir alle werden», sagte Völler im Pressekonferenzraum der DFB-Zentrale, in dem er mehrfach betonte, auf die Nationalspieler im Grunde nichts kommen zu lassen. Wer das anders sieht, muss nun erst einmal an Völler vorbei. «Ich glaube immer noch, dass wir eine sehr gute Mannschaft haben», sagte der Weltmeister von 1990. «Unsere Musialas, Wirtz‘ und Havertz’» müssten sich vor niemandem verstecken. Die DFB-Auswahl könne im übernächsten Sommer um den EM-Titel «mitspielen». Es ist mehr die Stimmung innen wie außen, die Völler Sorgen macht.

«Wichtig wird sein, dass wir anders auftreten, ob in Trainingseinheiten oder bei den Länderspielen selbst», sagte Völler und kündigte mehr Nähe zu den Fans an, ohne dabei «scheinheilige» Ad-hoc-Aktionen zu planen. Anstoßzeiten und öffentliche Trainingseinheiten seien zwar ein Hebel, über allem stehe aber der sportliche Erfolg. Dass es dann möglicherweise wieder von allein läuft, mag eine Erfahrung des früheren Teamchefs sein, der zu Beginn des Jahrtausends schon einmal zunächst enorm erfolgreich eingesprungen war.

«Es ist ein kleines Déjà-vu, aber es ist trotzdem nicht das Gleiche», berichtete Völler. Während der Sitzung des «Externen Beraterkreises» des DFB mit Präsident Bernd Neuendorf, DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke, Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Kahn, Matthias Sammer und Oliver Mintzlaff hätten ihn «auf einmal alle angeguckt, der Aki (Watzke) zuerst». Mach’s noch einmal, Rudi? Zunächst war dieser «nicht so überzeugt». Er habe «erstmal gefragt, gibt’s denn keinen Anderen?»

Engagement nur bis zur EM

Der DFB wagt mit Völler nur einen Zwischenschritt, der für viele wie ein Rückschritt wirkt, auf dem Weg zu augenscheinlich notwendigen Erneuerung. «Wir sind mehr so die Bauchmenschen», sagte Watzke. Völler steht nicht für Reformen und die weit entferntere Zukunft, die Illusion baut der 62-Jährige auch selbst nicht auf. «Ich will nicht immer von früher erzählen», sagte er. Und nach der EM, dieser «wunderbaren Gelegenheit», sei definitiv wieder Schluss. «Ich bin mir schon bewusst, dass da nicht jede ‚Hurra‘ geschrien hat, aber das macht mir nichts aus», sagte Völler in einer ruhig wie trotzigen Tonlage.

Dass der unbestrittene Fach- und Erfolgsmann Völler in der aktuellen Lage den Retter spielen muss, sagt etwas aus über Flicks Auswahl und Arbeit. Die Rückbesinnung auf das Wesentliche – verkürzt formuliert Erfolg durch Willen – scheint bitter nötig. Bis zur Heim-EM stehen nur noch Testspiele an, dem Vernehmen nach soll am 25. März in Mainz gegen Peru und drei Tage später in Köln gegen Belgien gespielt werden.

Völler will kein Schatten-Bundestrainer sein

«Natürlich werden wir uns austauschen. Eines ist klar, Hansi Flick ist der Bundestrainer, der wird die Entscheidungen treffen», sagte Völler. «Hansi Flick nominiert», machte der 62-Jährige zu der Spielerauswahl klar. Vor über 20 Jahren, von 2000 bis 2004 lag das klar im Verantwortungsbereich von Teamchef Völler, der jetzt aber zumindest vorerst kein Schatten-Bundestrainer sein wird.

Für die weiteren Weichenstellungen nimmt sich der DFB mehr Zeit. «Diese Taskforce hat schon die nächsten Wochen die eine oder andere Idee mehr, mit der wir versuchen, die Gremien des DFB zu stressen», sagte DFL-Aufsichtsratschef Watzke. Neuendorf kündigte an, dass man die fünf Geschäftsbereiche und auch besonders die Arbeit in der DFB-Akademie auf den Prüfstand stellen wolle. Der nach dem WM-Aus gegangene Oliver Bierhoff hatte am Ende zu viel in seinen Verantwortungsbereich gelenkt. Der Völler-Job umfasst nur einen kleinen, wenn auch in der Öffentlichkeit den wichtigsten Teil davon. «Ich mache es, weil ich weiß, dass es absehbar ist«, sagte Völler.

Jan Mies, Arne Richter und Andreas Schirmer, dpa
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