Hatte ManCity-Torjäger Erling Haaland (l) fest im Griff: Leipzigs Josko Gvardiol. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jan Woitas/dpa)

Josko Gvardiol degradierte Wunderstürmer Erling Haaland zum bemitleidenswerten Statisten. Der kroatische WM-Star hielt den Traum vom Viertelfinale der Champions League am Leben – und war bei RB Leipzig nicht nur deshalb das Top-Thema.

Denn vor allem bei den mit offenbar günstigen Dispo-Konditionen ausgestatteten Clubs der englischen Premier League steht der 21 Jahre alte Verteidiger enorm hoch im Kurs, womit bei Sportchef Max Eberl die schlafraubende Frage aufkommt: Kann Leipzig seinen talentierten Kader zusammenhalten und Königsklassen-Abende wie beim 1:1 im Achtelfinal-Hinspiel gegen Manchester City dauerhaft erleben?

«Leipzig ist definitiv kein Verkaufsverein», betonte Eberl und schickte in der Causa Gvardiol dann doch ein wenig bittend hinterher: «Leipzig kann sehr, sehr viel bieten.» Eberl hat ebenso wie Trainer Marco Rose große Ambitionen, möchte Leipzig zum dauerhaften Meisterkandidaten formen. Da ist der bis 2027 gebundene Gvardiol, der gegen City am Mittwochabend den Ausgleich köpfte, eine wichtige Säule. Dass der Kroate seinen erst kürzlich erneut formulierten Lebenstraum von der Premier League nicht kurzfristig verwirklichen kann, betonte Rose nach dem City-Spiel: «Ich als Trainer möchte mit den besten Spielern zusammenarbeiten, weil wir Dinge weiterentwickeln wollen. Josko ist unser Spieler und bleibt unser Spieler.»

Gvardiol als Schlüsselpersonalie?

Während die Abgänge von Konrad Laimer (Bayern München) und Christopher Nkunku (FC Chelsea) im Sommer dem Vernehmen nach schon beschlossene Sache sind, könnte Gvardiol so etwas wie die Schlüsselpersonalie werden. Auf der eine Seite könnten die Sachsen mit dem Kroaten im Sommer 2024 aufgrund einer Ausstiegsklausel wohl über 110 Millionen Euro einnehmen. Andererseits wäre ein Verbleib des 21-Jährigen so etwas wie ein Signal, dass der Club von seinen Jungstars eben nicht nur als Sprungbrett gesehen wird.

Eberl kämpft dabei auch mit der Leipziger Vergangenheit. Unter Ex-Boss Oliver Mintzlaff war jeder Spieler verkäuflich, solange der Preis stimmte. So schlug man für Timo Werner beachtliche 53 Millionen Euro heraus, bekam für die Verteidiger Ibrahima Konaté und Dayot Upamecano jeweils gut 40 Millionen. Jeder ist ersetzbar, Talente gibt’s wie Sand am Meer, so nahm man Mintzlaffs Denke wahr.

Und so etablierte sich Leipzig als hochinteressante Zwischenstation für Top-Talente wie eben Nkunku, Gvardiol oder den spanischen Edeltechniker Dani Olmo. Eberl will den Club nun auf das nächste Level heben und hat deshalb ein Problem. «Wir wollen Titel sammeln und dafür brauchen wir gute Spieler», sagte der 49-Jährige bei DAZN. Er betonte, dass RB schon in der Vergangenheit gezeigt habe, dass man Spieler halten könne. Allerdings musste er seine Aussage mit einem entscheidenden Zusatz versehen: «Wie lange, wird man dann sehen.»

Kurswechsel durch Eberl?

Denn die in der Vergangenheit von der Leipziger PR-Maschinerie gefeierten Vertragsverlängerungen von Werner und Nkunku dienten letztlich nur dazu, Deals für den dann folgenden Sommer festzuzurren und mit möglichst vollen Taschen dazustehen. Kaufmännisch absolut nachvollziehbar, doch sportlich kommt man so nicht von der Stelle. Eberl muss also den Kurswechsel weg vom Verkaufsverein untermauern. Das könnte durch das langfristige Halten von Gvardiol und Olmo gelingen oder durch ebenso prominente  wie teure Zukäufe. Angeblich ist man am nicht gerade erschwinglichen Kanadier Jonathan David vom OSC Lille interessiert.

Die Gegenwart und wegweisende Zukunftspersonalie heißt jedoch Gvardiol. Der kann sich in der Liga seiner Träume in drei Wochen einen noch größeren Namen machen, wenn Leipzig zum Rückspiel im Etihad-Stadion von Manchester antritt. Seine bisherige Bilanz gegen Haaland: Null Treffer des Norwegers in zwei Duellen. Mit so einer Vita führt der Weg zwangsläufig in die beste Liga der Welt. Marco Rose nahm das Thema letztlich mit ein wenig Humor: «Er hat gesagt, dass er in die Premier League möchte. Aber er hat nicht gesagt wann.»

Tom Bachmann, dpa
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