Die letzten Minuten des Spiels verfolgte Sandro Schwarz fast ohne Regung. Die Arme vor der Brust verschränkt, schaute der Trainer mit starrer Miene auf das Spielfeld und sah, wie sich Hertha BSC auswärts mal wieder in sein Schicksal ergab.
Das 1:4 (0:2) am Sonntag bei Bayer Leverkusen war die siebte Niederlage in Serie auf fremden Plätzen, durch die sich die Abstiegsnöte der Berliner vergrößerten. «Wir haben in der Summe zu wenig Spielanteile kreiert und hatten fast keine Torchance. Das ist zu wenig von der ganzen Mannschaft, da müssen wir uns nächste Woche steigern», sagte Herthas Kapitän Marvin Plattenhardt bei DAZN: «Heute haben wir deutlich verloren, das war kein gutes Spiel von uns, das muss man deutlich so sagen.»
Rang 14 nach 23 Spieltagen ist für das Team von Trainer Sandro Schwarz trügerisch, da die Hertha nur einen Punkt Vorsprung auf den Tabellenletzten VfL Bochum hat. Und die beiden direkt hinter ihr platzierten Teams auch noch eine bessere Tordifferenz aufweisen.
Bayer sehr stark
Leverkusen hingegen zeigte eindrucksvoll, dass es den Kampf um Europa trotz des völlig verkorksten ersten Saisondrittels noch nicht abgehakt hat. Mit einer der besten Leistungen unter Trainer Xabi Alonso legte die Werkself auch eine gelungene Generalprobe für das Achtelfinal-Hinspiel der Europa League am Donnerstag gegen Ferencvaros Budapest hin. «Das war eines unserer besseren Spiele, wenn nicht sogar das beste Spiel der Saison», lobte der weitgehend beschäftigungslose Torhüter Lukas Hradecky, «darauf kann man aufbauen».
Stürmer Sardar Azmoun (12. Minute), der beim 1:1 in Freiburg in der Vorwoche sein erlösendes erstes Saisontor erzielt hatte, brachte Bayer in Führung. Der zunächst überragende Jeremie Frimpong, der das 1:0 vorbereitet hatte, legte schnell nach (21.). Seine Auswechslung nach knapp einer halben Stunde wegen einer Muskelverletzung im rechten Oberschenkel war jedoch der Wermutstropfen beim Leverkusener Sieg, den Moussa Diaby (60.) und der kurz zuvor eingewechselte Amine Adli (73.) endgültig sicherten. Herthas Anschlusstreffer durch das zehnte Saisontor von Dodi Lukebakio (67., Foulelfmeter) sorgte nicht mehr für eine Wende.
Bayer war vom Beginn an präsent, aktiv – und wurde dafür früh belohnt. Wieder einmal war es das Hochgeschwindigkeits-Duo auf der rechten Seite, das den Sieg einleitete. Zunächst bediente Diaby Frimpong, und dessen Ablage von der Grundlinie nutzte Azmoun aus sechs Metern. Marco Richter schlug den Ball erst rund einen halben Meter hinter der Linie weg, wie nicht nur die Torlinientechnik, sondern auch TV-Bilder eindeutig belegten
Wirtz immer besser
Azmouns schnellen Doppelpack verhinderte Hertha-Keeper Oliver Christensen mit einem guten Reflex (17.) – und dann schalteten Frimpong und Diaby wieder den Turbo ein: Diaby ließ Filip Uremovic einfach stehen, legte auf seinen kongenialen Partner zurück, der aus zehn Metern traf. Diesmal stand Richter als Absicherung eigentlich zwei Meter vor der Linie, stolperte aber mit dem Ball ins Tor. Nach Frimpongs Auswechslung kurz darauf verlor das Spiel bis zur Pause an Fahrt.
Die zweite Halbzeit begann mit etwas Verspätung, da im Leverkusener Tornetz erst einmal ein Loch provisorisch geflickt werden musste. Doch das Geschehen spielte sich weiter meist vor dem anderen Tor ab. Christensen wurde langsam aber sicher zum besten Berliner. Chancenlos war er dann gegen Diaby nach tollem Pass des immer stärker werdenden Florian Wirtz. Ein Foul des für Frimpong eingewechselten Timothy Fosu-Mensah gegen Plattenhardt schenkte der Hertha einen Hoffnungsschimmer durch Lukebakios Elfmeter-Tor.