Freiburgs Nils Petersen jubelt nach dem Spiel bei den Fans und wird verabschiedet. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Einen neuen Fußballgott nach Nils Petersen brauchen sie beim SC Freiburg gar nicht. «Das kann für immer der Nils bleiben. Das passt für alle. Das hat er absolut verdient», sagte Kapitän Christian Günter über den baldigen Ex-Profi, der beim 2:0 gegen den VfL Wolfsburg mit einem Tor noch einmal alle verzückte.

Und wer die rührenden Szenen mit den Fans gesehen hat, weiß, was Günter meint: Petersen ist einer von ihnen. Der 34-Jährige schwenkte nach seinem letzten Heimspiel eine riesige Fahne mit seinem Namen, trank große Schlücke aus einem Humpen am Zaun und peitsche mit Megafon zur großen Europapokal-Party ein.

Petersen: «Ich bin unfassbar dankbar»

«Hätte ich ein Drehbuch schreiben müssen, wäre es genau so gewesen. Es sollte heute alles so sein. Ich bin unfassbar dankbar», sagte Petersen, der bis kurz vor Mitternacht strahlend durch den Innenraum der Arena schritt und völlig gelöst Interview um Interview gab. Aus der Kabine wummerten schon lautstark die Bässe, die Kollegen warteten sehnsüchtig auf den Helden des Abends.

Und damit sollte der Abend nicht enden. «Meine Freunde kommen noch zu mir nach Hause. Sonst hab ich nichts geplant. Ich wusste ja nicht, dass es so gut läuft. Ich werde nicht die nächsten drei Stunden ins Bett gehen», sagte Petersen, den selbst vereinzelt Journalisten um ein gemeinsames Foto als Andenken baten. Mit Freude erfüllte er Wunsch um Wunsch.

Doch selbst ein Spiel vor der Fußball-Rente vergaß der Ex-Nationalspieler nicht seine Pflicht am Folgetag. Und die lautete: 11 Uhr Training. «Es war ein Radler, zumindest kann ich morgen trainieren», sagte Petersen. Sein Trainer Christian Streich, sämtliche Mitspieler und sogar die Wolfsburger Gegner um Niko Kovac und Maximilian Arnold verbeugten sich derweil vor einem ganz großen Sportler, der in diesem Sommer den Wechsel vom Rasen in die Kurve vollzieht.

«Alle lieben den Nils»

«Alle Spieler sollen sich ein Beispiel an Nils nehmen. Er ist ein Vorbild. Es ist nicht immer nur der eine Weg, den es gibt. Das ist alles kein Zufall. Alle lieben den Nils», sagte Streich über Petersen, der nach komplizierten sportlichen Monaten doch noch sein erstes Saisontor schoss – und das am 33. Spieltag im Kampf um die erstmalige Freiburger Teilnahme an der Champions League. Schon vor Anpfiff wurden Petersen und Jonathan Schmid emotional verabschiedet, doch so richtig kitschig wurde die Szenerie erst mit den Geschehnissen im Spiel.

«Schöner kann man es nicht schreiben, dass der Nils das entscheidende 2:0 macht. Nils und Jonny sind zwei herausragende Persönlichkeiten, die uns ein Stück weit mitgetragen haben. Das freut mich ungemein», sagte Günter. Der Kapitän war selbst erstmals seit 2017 in einem Bundesliga-Spiel von der Bank gekommen und hatte das wichtige 1:0 erzielt. Doch selbst das wurde zur Nebensache. Auch, weil es bei Petersen mehr zu loben gab als nur die sportliche Leistung. «Die Anerkennung ist völlig zu Recht. Der Nils war über Jahre dem Verein treu, er hätte bestimmt mal ein anderes Angebot annehmen können», sagte Günter.

Freiburg-Trainer Streich schwärmt von Petersen

Streich würdigte seinen langjährigen Schützling auf seine Weise. Erst beendete er mit den Worten «Kann ich uffhöre jetzt. Geht alle zum Nils. Dankeschön vielmals» die eigene Pressekonferenz, bevor Nachfragen möglich waren. Dann schwärmte er in kleinerer Runde doch noch minutenlang von dem Fußballer, dem er auch in fünf Jahren und ohne großes Training noch Joker-Tore zutrauen würde. «Diese Schläue und diese Technik bei Nils sind unfassbar. Er trifft fast immer die richtigen Entscheidungen», sagte Streich.

Doch Petersens Entschluss steht, selbst im Fall einer Champions-League-Qualifikation wird er aufhören. «Ich hoffe als Fan auch, dass ich in fünf Jahren nicht mehr gebraucht werde. Das wäre traurig», sagte Petersen. Die Verabschiedung, das letzte Heimspiel, ein Tor aus dem Nichts und dann die gigantische Zuneigung aus den Reihen der Fans: Petersen konnte das alles noch gar nicht so richtig realisieren. «Es war eh alles viel zu viel. Man hätte den Abend nicht schöner ausmalen können. Es macht mich am meisten stolz, dass ich etwas hinterlassen habe», sagte er.

Patrick Reichardt, dpa
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