Will den Königspokal mit Wolfsburg holen: VfL-Coach Tommy Stroot. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Swen Pförtner/dpa)

Vor dem größten Spiel seiner Karriere will Tommy Stroot einfach Tommy Stroot bleiben – und so perfekt wie möglich arbeiten.

«Ich bin in vielen Situationen nicht unbedingt spontan», sagte der 34 Jahre alte Trainer der Wolfsburger Fußballerinnen vor dem Endspiel in der Champions League gegen den FC Barcelona. Spaniens Meister ist Favorit, der VfL setzt auf Stroots Ideen. «Er hat immer Lösungen, er ist so ein kleines Mastermind», sagte Co-Trainerin Kim Kulig vor dem Duell an diesem Samstag (16.00 Uhr/ZDF und DAZN) in Eindhoven.

VfL vollständig und fit

Schon vor der Saison habe er auf ein Finale gegen Barcelona gehofft, sagte Stroot am Freitag, «weil wir wirklich davon ausgehen, dass wir hier gute Möglichkeiten haben, auch als Sieger vom Platz zu gehen». Man habe besondere Qualitäten, zudem seien alle Spielerinnen fit. Das desaströse 1:5 im Halbfinale des Vorjahres gegen Barça? Abgehakt. «Wir haben damals schon gezeigt, dass wir innerhalb von einer Woche sehr, sehr viel gelernt haben», sagte Stroot und erinnerte an den 2:0-Sieg im Rückspiel. An Selbstvertrauen mangelt es ihm nicht.

Seit Sommer 2021 gibt er in Wolfsburg den Matchplan vor, seither beeindruckt er viele im Verein. «Für mich waren die zwei Jahre unter ihm unfassbar lehrreich», sagte Kulig, die zur neuen Saison Cheftrainerin beim FC Basel wird. Stroot habe immer «eine klare Vision». Ralf Kellermann, Direktor Frauenfußball beim VfL, sagte: «Absoluter Volltreffer, die Verpflichtung.»

Stroot zurück im Meisterhotel

Zuvor hatte Stroot die Fußballerinnen des FC Twente Enschede trainiert, mit denen er zweimal niederländischer Meister und einmal Pokalsieger geworden war. Sein letztes Spiel krönte er 2021 mit dem Titel – ausgerechnet im Eindhovener Philips-Stadion, wo nun das Finale steigt. «Wir sind auch im selben Hotel, in dem ich Meister geworden bin», verriet er. Das Finale in Eindhoven «war immer als Ziel in meinem Kopf».

Zu den Niederlanden hat Stroot, der aus der Grenzstadt Nordhorn stammt, ohnehin ein besonderes Verhältnis. Seine Mutter ist Niederländerin, er selbst wurde auch schon häufiger als Holländer wahrgenommen. «Für mich war es eine total prägende Zeit», sagte Stroot über die insgesamt fünf Jahre in Enschede, «von Johan Cruyff bis zu Voetball total war einfach ganz, ganz viel dabei, wo ich wirklich tollen Input erleben durfte». 

Ein paar gute Kontakte sind auch hängen geblieben, mit Manchester Uniteds Männer-Trainer Erik ten Hag telefoniert er weiter regelmäßig. Natürlich auch über fußballerische Ideen. «Es geht darum, viel mehr in Spielphasen zu denken, die wir komplett beeinflussen können», erklärte Kulig den Stroot-Fußball.

Positive Worte der Wegbegleiter

Kellermann, der sich als Trainer in den 2010er-Jahren schon mit Stroots damaligem Club SV Meppen duellierte, schwärmt vor allem von dessen taktischem Verständnis. «Es war zu dem Zeitpunkt, als wir gegeneinander gespielt haben, nicht immer selbstverständlich, dass Trainer während des Spiels so schnell auf unterschiedliche neue Situationen reagieren.» Taktisch klug, sachlich, aber kaum emotional – so führte Stroot den VfL bislang zu einer Meisterschaft und zwei Pokalsiegen.

«Tommy erreicht auch mit weniger Emotionalität die Spielerinnen. Außerdem ist es sein Naturell», erklärte Kellermann. Als im Halbfinale beim FC Arsenal das entscheidende 3:2 in der 119. Minute für den VfL fiel, tickten alle aus – außer Stroot. Der habe schon wieder versucht, «zu beruhigen und die Konzentration hochzuhalten», erinnerte sich Kellermann.

«Ein bisschen ist er ein kleiner Monk», verglich Kulig, «das beschreibt ihn ganz gut». Monk, so heißt der Privatdetektiv einer gleichnamigen TV-Serie Anfang der 2000er-Jahre, der vor allem durch einen zwanghaften Perfektionismus auffiel. Auch Stroot will die Dinge penibel geordnet wissen. Wenn etwa die Spielerinnen einen Kreis bilden, dürfen keine Bälle darin liegen oder Feldmarkierungen durchlaufen. «Es muss immer alles sehr gleich ablaufen», sagte Kulig über Stroot, «vielleicht auch, damit er da die Sicherheit für sich hat».

David Joram, dpa
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