Bei Manuel Neuers spektakulärer Zweifach-Parade kurz vor Spielende durften sich auch die Bayern-Bosse auf der VIP-Tribüne beglückwünschen, den Vertrag mit dem Torwart frühzeitig bis 2025 verlängert zu haben.
Beim größtenteils lahmen 0:0 gegen den FC Kopenhagen sorgte der Kapitän in der 88. Minute dafür, dass zumindest die Münchner Serie von nun 39 ungeschlagenen Gruppenspielen in der Champions League nicht riss.
«Da haben wir schon ein bisschen Glück gehabt, dass wir nicht das 0:1 fangen», sagte Neuer bescheiden zu seiner tollen Doppel-Aktion. Mit Hand und Fuß rettete er auf der Torlinie reaktionsschnell gegen Kopenhagens Angreifer Mohamed Elyounoussi, der erst köpfte und dann wuchtig schoss. Es war neben dem in der Nachspielzeit von Schiedsrichterin Stephanie Frappart zurückgenommenen Handelfmeter für die Bayern der famose Schlusspunkt einer Partie, die ansonsten keinen der 75.000 Zuschauer von den Tribünen-Plätzen riss.
Schnell zurück zu alter Stärke
Ein Monat und sieben Einsätze haben ausgereicht, um in München die berechtigten Zweifel zu vertreiben, ob der 37 Jahre alte Neuer nach seinem schweren Skiunfall mit einem komplizierten Beinbruch, der die Fortsetzung seiner großen Fußball-Karriere infrage stellte, wieder an sein früheres Weltklasse-Niveau anknüpfen könnte. Neuer kann – und wie!
Der Blick des Weltmeisters von 2014 geht kaum noch zurück auf die langen Monate der Ungewissheit. Neuer blickt voller Tatendrang nach vorne – auf 2024, auf die Heim-EM und auch schon auf «ein schönes Spiel in München 2025». 13 Jahre nach der bitteren Niederlage im «Finale dahoam» gegen den FC Chelsea wird der übernächste Königsklassen-Champion wieder in der Allianz Arena gekürt. «In dieses Finale wollen wir alle hin», sagte Neuer.
Er wirkt gelöst wie nie zuvor. Alles, was nach dem Beinbruch-Schock im Dezember 2022 kommt, betrachtet er als Bonus. «Ich bin wieder richtig happy, dass ich dabei sein darf.» Im Stadion, im Tor, beim FC Bayern. Eine Karriere-Deadline setzt sich Neuer nicht. «Ich möchte so lange spielen, wie es mir Spaß macht. Es hat keine lange Überlegung gebraucht für mich, dass es heißt, dass es noch weitergeht bis 2025», sagte er zur flotten Vertragsverlängerung.
Rückkehr ins DFB-Team naht
Auch ins Nationalteam strebt Neuer zurück. Ende März – vermutlich gegen Holland und Frankreich – will er sein Comeback im DFB-Tor feiern, in dem er zuletzt bei der Flop-WM 2022 in Katar stand. Es gebe noch keine Absprachen mit Bundestrainer Julian Nagelsmann, sagte Neuer am Mittwochabend. Aber seine Erwartungshaltung formulierte er glasklar: «Wir gehen alle davon aus, wenn alles normal läuft, dass ich dann wieder dabei bin.»
Bayern- und DFB-Kollege Leon Goretzka ist davon überzeugt: «Manu steht einfach für sich. Er spielt fast in seiner ganzen Karriere in seiner eigenen Liga. Was er heute wieder in der Schlussphase gemacht hat mit seinen Paraden», sagte der 28-Jährige beeindruckt: «Es liegt nur daran, ob er fit bleibt. Dann ist Manu für mich der beste Torwart der Welt.»
Österreichs Nationaltrainer Ralf Rangnick sieht bereits «ein Luxusproblem» auf Nagelsmann zukommen. Neuer oder Marc-André ter Stegen (31)? Wer wird die Nummer 1 bei der Heim-EM? «Das ist sicherlich nicht ganz einfach für Julian, das zu entscheiden», sagte Rangnick im ZDF. Rangnick ist beeindruckt, wie Neuer zurückgekehrt ist. «Das ist toll, für ihn, für Bayern, aber auch für die Nationalmannschaft. Ich traue ihm absolut zu, dass er da auch wieder zurückkommt», sagte Rangnick. Neuer wolle «noch die EURO im eigenen Land spielen».
Matt in der Offensive
Das Zu-Null-Spiel gegen Kopenhagen sprach wieder für Neuer. Das Stadion verließ er trotzdem nicht zufrieden. Denn der 18. Sieg nacheinander in Gruppenspielen wurde verpasst. «Defensiv war es ganz gut, in der Offensive hat was gefehlt», sagte Neuer zum matten Bayern-Vortrag. Das ärgerte auch Offensivspieler Thomas Müller, der mal wieder über 90 Minuten ran durfte. «Ich hätte mich natürlich gerne in die Torschützenliste eingetragen oder einen aufgelegt», sagte der 34-Jährige, dem beinahe ein Kopfballtreffer geglückt wäre.
Verlängert auch Müller bald über 2024 hinaus? Ja, glaubt der langjährige Weggefährte Neuer: «Der Thomas Müller gehört einfach zu Bayern München.» Auch hier gab es eine klare Ansage des Kapitäns: «Ich gehe davon aus, dass wenn der Thomas mit Bayern spricht und Bayern mit Thomas, das auch funktioniert.» Müller selbst wollte bei seiner Zukunftsplanung nicht von «einer einfachen Ja- oder Nein-Frage» sprechen. Aber auch ihn reizt ein weiteres Königsklassen-Finale 2025 in München: «Das ist schon ein kleiner Lockvogel.»