Dortmunds Salih Özcan, Trainer Edin Terzic und Emre Can (l-r) nach einem Spiel. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Selbst der BVB-Vereinsboss verspürte wenig Lust auf den Schlussakt des neuerlichen Trauerspiels. Als die treuesten Fans der Gelben Wand den schwachen Auftritt ihrer Dortmunder Mannschaft mit einem gellenden Pfeifkonzert quittierten, war der Platz von Hans-Joachim Watzke auf der Tribüne bereits leer.

Das 1:1 (1:1) gegen den FSV Mainz stürzte die Borussia in eine tiefe Winterdepression, vertrieb viele Zuschauer schon vorzeitig aus dem Stadion und verstärkte die Diskussion um Edin Terzic. 

Auf die unvermeidliche Frage, ob er daran glaube, auch im neuen Jahr noch BVB-Trainer zu sein, antwortete der 41-Jährige mit erstaunlicher Zuversicht: «Natürlich habe ich den Glauben daran.» 

Nach zuletzt sechs Pflichtspielen ohne Sieg und dem Absturz auf Rang fünf der Fußball-Bundesliga spricht in Dortmund niemand mehr von der Meisterschaft. Mittlerweile ist sogar die erneute Qualifikation für die Champions League in akuter Gefahr. 

Bosse beraten über Trainer Terzic

Bei der nun anstehenden turnusmäßigen Klausurtagung der BVB-Verantwortlichen dürfte deshalb wohl noch vor Weihnachten auch die Arbeit des Trainers kritisch hinterfragt werden. «Wir haben uns alles anders vorgestellt, aber so ist es jetzt Realität», klagte Terzic. 

Medienberichte über eine angebliche Spielerrevolte gegen den Coach hatten bereits vor der Partie für zusätzliche Brisanz gesorgt. Watzke dementierte umgehend, dass Spieler bei ihm die Ablösung von Terzic gefordert hätten. 

Kapitän Emre Can klang nach dem Abpfiff eher wie ein Befürworter einer Weiterbeschäftigung: «Es liegt nicht immer alles am Trainer. Es hat ja nichts mit dem Trainer zu tun, wenn der Ball an die Latte geht.»  

Dennoch stehen dem BVB unruhige Tage mit vielen Spekulationen über die Zukunft des Trainers bevor. Dass Watzke nach dem Spiel noch lange mit Sportdirektor Sebastian Kehl in einer Loge saß, wurde umgehend als Indiz für ein erstes Terzic-Tribunal gedeutet. Ungewöhnlich ist das allerdings nicht.  

Terzic: «Ich kenne meine Verantwortung»

Trotz der zunehmenden öffentlichen Kritik an seiner Arbeit bekundete Terzic sein Interesse an einer Fortsetzung der Zusammenarbeit: «Ich habe einen Vertrag unterschrieben bis 2025, und damit habe ich dokumentiert, wie gerne und lange ich bei diesem Verein bleiben möchte.» 

Mit ernster Miene fügte der im nahen Menden geborene bekennende BVB-Fan hinzu: «Wie lange ich hier bin, das entscheide nicht ich. Das entscheiden natürlich die Führung und das Ergebnis. Und die Ergebnisse in den letzten Wochen waren einfach nicht gut, das wissen wir. Ich kenne meine Verantwortung, ich weiß auch um die Größe des Vereins.»

Die zwei unterschiedlichen Gesichter seiner in der Champions League gefeierten, in der Bundesliga aber enttäuschenden Mannschaft waren diesmal in nur einem Spiel zu sehen. Nach starken ersten 30 Minuten mit zwei Lattentreffern und der verdienten 1:0-Führung durch Julian Brandt (29.) sah es nach einem versöhnlichen Jahresabschluss aus. 

Doch der Ausgleich durch den Mainzer Sepp Van den Berg (43.) sorgte für große Verunsicherung und eine indiskutable zweite Halbzeit. «Die Situation ist nicht einfach, die ist ätzend, wenn man ehrlich ist», gestand Nationalspieler Brandt bei Sat.1. «Es ist das unbefriedigende Ende einer nicht zufriedenstellenden Hinrunde. Es ist immer blöd, mit einem Unentschieden oder einer Niederlage in die Pause zu gehen.»

Experte sieht Fehler bei BVB-Führung

Sky-Experte Dietmar Hamann sprach aus, was viele BVB-Fans schon lange befürchten. «Unter die ersten Vier werden sie so, wie sie heute aufgetreten sind, nicht kommen», sagte der ehemalige Nationalspieler. Allerdings nahm er Terzic von seiner Kritik aus: «Ich glaube, der Trainer ist im Moment der ärmste Hund, weil er zu oft von den Spielern im Stich gelassen wurde.» 

Geschäftsführer Watzke und Sportdirektor Sebastian Kehl hätten die Profis mehr in die Pflicht nehmen müssen. «Man hat den Trainer auch irgendwo im Regen stehen lassen.»

Vor dem anstehenden Gespräch der Vereinsbosse machte Terzic Werbung in eigener Sache und verwies auf ähnlich kritische Situationen in der Vergangenheit. So hatte er als Nachfolger von Lucien Favre die lange taumelnde Mannschaft Mitte Dezember 2020 noch zum Pokalsieg geführt. 

In der vergangenen Saison startete der BVB unter seiner Regie nach schwachem Saisonstart eine imposante Aufholjagd und stand sogar kurz vor dem Meistertitel. «Es gehört zu meiner Geschichte bei der Borussia, dass wir in der Rückrunde immer ein komplett anderes Gesicht gezeigt haben. Das ist der klare Auftrag an die Mannschaft, dass wir das wieder hinbekommen.»  

Von Heinz Büse, dpa
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