Bayern- Trainer Thomas Tuchel trifft mit seinem Team in der Champions League auf Lazio Rom. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

Für seine erste Rom-Reise als Fußballtrainer hätte sich Thomas Tuchel andere Vorzeichen gewünscht. Kurz gesagt: Entspannte Vorfreude statt Mega-Druck.

An Dolce Vita in der frühlingshaft warmen italienischen Hauptstadt ist für den Trainer des FC Bayern seit dem Wochenende jedoch nicht mehr zu denken. Nach der Demütigung in Leverkusen muss Taktik-Verzocker Tuchel mit seinen beim 0:3 im Bundesliga-Topspiel kollektiv versagenden Fußballstars im Stadio Olimpico liefern. Ein weiterer Aussetzer gegen Lazio Rom zum Start in die K.o.-Phase der Champions League am Mittwochabend (21.00 Uhr/DAZN) wäre fatal.

Die entsprechenden Achtelfinal-Ansagen gab es am Dienstag noch vor dem Abheben des Fliegers am Münchner Flughafen von Sportdirektor Christoph Freund. «Wir sind der FC Bayern München und dafür da, Erfolge einzufahren. Wir sind gekitzelt», sagte der Österreicher. «Wir nehmen auch einen dreckigen Sieg.»

«Ich habe noch nie in Rom gespielt»

Nach der Auslosung im Dezember hatte Tuchel noch pure Lust verspürt. «Ich habe noch nie in Rom gespielt, ich habe noch nie gegen Lazio gespielt», erzählte der 50-Jährige. Und nach einer souveränen Gruppenphase mit fünf Siegen und einem Remis reklamierte Tuchel damals wie selbstverständlich die Favoritenrolle für den dreimaligen Königsklassen-Champion: «Wir haben auf jeden Fall den Anspruch, in 180 Minuten das Duell für uns zu entscheiden.» 

Anspruch und Wirklichkeit: Genau da tut sich beim FC Bayern 2024 eine Kluft auf. Womöglich auch eine wachsende zwischen Trainer und Teilen des Kaders. Konstant ist bei den Tuchel-Bayern nach elf Monaten Zusammenarbeit nur die Sprunghaftigkeit, der stete Wechsel zwischen «Ausreißern nach oben und nach unten», wie selbst Tuchel einräumte: «Ich bin persönlich nicht zufrieden mit dem Level, auf dem wir spielen – konstant spielen.» 

Einstellung, Siegeswille, Offensiv- und Defensivleistung – in allen Bereichen müssen sich die Bayern in Rom steigern. Gegen ein Team, das in Italiens Serie A Tabellenachter ist und das vom 33 Jahre alten Ex-Dortmunder Ciro Immobile als Kapitän und Topstar angeführt wird. 

Müller und «das Blitzen in den Augen»

Als zu «verkopft» brandmarkte Thomas Müller das Bayern-Spiel. Ihm fehlt das einfache Zocken mit Ball und die Gier auf dem Platz, «dieses Blitzen in den Augen». Charakter ist gefordert, Persönlichkeit, Führungsstärke. Tuchel mahnte, «eine Reaktion zu zeigen». Freund sagte über den unter Druck stehenden Trainer: «Er zweifelt nicht an seiner Arbeit. Er ist sehr ehrgeizig, versucht in Lösungen zu denken.»

Wie reagiert er, nachdem er sich gegen Leverkusen mit einer Systemumstellung und einer fragwürdigen Personalauswahl verkalkulierte? Setzt er in Rom auf Spieler mit Bayern-DNA? Anführer Müller und Antreiber Joshua Kimmich sind dafür die Top-Kandidaten. «Thomas kann der Mannschaft immer sehr viel geben», erklärte Freund.

Beim Abschlusstraining noch in München war auch Kapitän Manuel Neuer nach einer Pause am Vortag wieder putzmunter dabei. «Der letzte Punch hat gefehlt», kritisierte Tuchel nach dem Leverkusen-Desaster. Kein Bayern-Punch in einem Topspiel? Wie kann das sein?

Als Musiala sehr viel Spaß hatte

Vor drei Jahren trafen die Bayern schon einmal im Achtelfinale auf Lazio. Das Premieren-Duell – mit Hansi Flick auf der Bank – ist unvergessen, aus zwei Gründen: Mitten in der Corona-Pandemie fand das 4:1 praktisch ohne Zuschauer statt. Und Jamal Musiala war damals der Mann des Abends. Im Alter von 17 Jahren und 363 Tagen avancierte er zum bis heute jüngsten Königsklassen-Torschützen des FC Bayern. 

«Es war ein richtig cooles Spiel für mich, ich hatte sehr viel Spaß», erinnerte Musiala. Auch bei der Rückkehr ins diesmal gefüllte und damit stimmungsvolle Olimpico steht Musiala im Fokus. Denn in Leverkusen funktionierten gerade auch die offensiven Lieferketten bei den Münchnern überhaupt nicht. «Uns ist nichts eingefallen nach vorne», rügte Kimmich. 

Der unsichtbare Kane

Tuchel vermisste Leichtigkeit und Durchsetzungsvermögen. Vor allem rätselte er, «warum wir es gar nicht geschafft haben, Harry ins Spiel zu bringen.» Torjäger Kane kam gerade mal auf 18 Ballkontakte. Musialas Lösungsansatz klingt simpel: «Wir müssen auf unsere Abläufe vertrauen, in die Eins-gegen-eins-Situationen gehen, Doppelpässe suchen.» Und er sprach die Einstellung an: «Es wird wichtig sein, dass unser Energielevel auf dem Maximum ist.»

Die voraussichtlichen Auftsellungen:

Lazio Rom: Provedel – Marusic, Casale, Romagnoli, Hysaj – Cataldi – Guendouzi, Vecino – Felipe Anderson, Immobile, Pedro

Bayern München: Neuer – Mazraoui, Upamecano, Kim, Guerreiro – Kimmich, Goretzka – Sané, Müller, Musiala – Kane

Schiedsrichter: François Letexier  (Frankreich)

Von Klaus Bergmann und Martin Moravec, dpa
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