Jürgen Klopp (M) jubelt mit dem Pokal. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Alastair Grant/AP/dpa)

Nach der «mit Abstand speziellsten Trophäe» in der Ära Jürgen Klopp wollen sie beim FC Liverpool den deutschen Erfolgscoach gar nicht mehr ziehen lassen. «Es mag eine hoffnungslose Aufgabe sein, aber wie können sie ihn jetzt einfach in den Sonnenuntergang reiten lassen?», schrieb das «Liverpool Echo».

Die Zeitung forderte die Club-Besitzer am Montag auf, zum Hörer zu greifen und den Teammanager bei seiner Entscheidung, den Verein nach fast neun Jahren im Sommer zu verlassen, noch umzustimmen.

Klopp hat die Reds 2019 zum Triumph in der Champions League geführt und ein Jahr später dem Verein die erste englische Meisterschaft seit 30 Jahren beschert. Doch der 1:0-Coup am Sonntag im Finale des relativ unbedeutenden Ligapokals gegen den FC Chelsea war wohl sein persönliches Meisterwerk. «Es ist ein Abend, den ich nie vergessen werde. Wenn das sonst niemand so sieht, kein Problem. Für mich ist es eine wirklich schöne Erinnerung für immer», sagte der 56-Jährige im Londoner Wembley Stadion.

«Klopps Kids»

Elf Stars, darunter Torjäger Mohamed Salah, Torhüter Alisson Becker und Nationalspieler Trent Alexander-Arnold, waren ausgefallen. Nummer zwölf kam mit der frühen Verletzung von Ex-Bayern-Profi Ryan Gravenberch hinzu. Klopp musste auf seine Nachwuchskräfte aus der Akademie setzen. So kamen die kaum bekannten Conor Bradley (20), Bobby Clark (19), James McConnell (19), Jayden Danns (18) und Jarell Quansah (21) während der 120 Minuten zum Einsatz.

«Klopps Kids gegen die blauen, millionenschweren Bottlejobs», spottete TV-Experte Gary Neville. Als Bottlejobs werden in England häufig Spieler bezeichnet, die unter großem Druck versagen. Nah kam diesem Ausdruck in Deutschland einst der frühere Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni, als er in seiner legendären Wutrede von Spielern «schwach wie eine Flasche leer» sprach.

Van Dijk trifft in der Verlängerung

«Manchmal werde ich gefragt, ob ich stolz auf dies, stolz auf das bin, und das ist wirklich schwierig. Ich wünschte, ich könnte öfter Stolz empfinden, aber das tue ich einfach nicht», sagte der emotionale Klopp: «Aber heute Abend habe ich das überwältigende Gefühl: ‚Oh mein Gott, was ist hier los?‘ Ich war stolz auf alle, die hier an allem beteiligt waren.» 

Selten hatte man den früheren Dortmunder Meistertrainer derart emotional gesehen. «Können Sie im Fußball Geschichten erschaffen, die garantiert niemand vergessen wird? Es ist so schwierig, weil alles schon einmal passiert ist. Aber heute Abend, eine Geschichte, bei der Akademie-Spieler gegen eine Spitzenmannschaft antreten und trotzdem gewinnen, davon habe ich noch nie gehört.»

Das entscheidende Tor erzielte aber einer der wenigen im Team noch verbliebenen Stars. Der Niederländer Virgil van Dijk traf in der 118. Minute eines packenden und rasanten Finals per Kopf. 

«Mein Vermächtnis ist mir völlig egal»

Damit ist der erste Titel auf Klopps Abschiedstournee perfekt, drei weitere können noch folgen. In der englischen Fußball-Meisterschaft führt Liverpool knapp vor Manchester City und dem FC Arsenal die Tabelle an, außerdem kann der Club noch den sportlich wertvolleren FA Cup und die Europa League gewinnen. Im Sommer wird der ehemalige Dortmunder und Mainzer Bundesligacoach seinen Club nach dann neun Spielzeiten verlassen. Liverpool gewann den Liga-Pokal in seiner Amtszeit bereits 2022 – ebenfalls im Finale gegen Chelsea. 

«Mein Vermächtnis ist mir völlig egal. Ich bin nicht hier, um eines zu schaffen», sagte Klopp zu seinen noch verbleibenden Aufgaben: «Als Manager eines Fußballvereins ist man dazu da, seinen Job zu erledigen.» Es sei deswegen auch kein Problem, wenn der Trainer geht. «Wenn diese Leute gehen würden – unsere Fans – wäre das ein Problem. Aber solange sie so sind, wie sie sind, wird es dem Liverpool Football Club gut gehen – und das ist das Wichtigste», betonte Klopp.

Von Thomas Wolfer und Stefan Tabeling, dpa
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