Lars Ricken wird vom 1. Mai an Geschäftsführer Sport bei Borussia Dortmund und übernimmt damit einen Teil der bisherigen Aufgaben von Hans-Joachim Watzke. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Revierfoto/dpa)

Von einem gemächlichen Einstand als neuer Sportchef kann wahrlich keine Rede sein. Wenn Lars Ricken am 1. Mai die Nachfolge der langjährigen Vereinsallmacht Hans-Joachim Watzke antritt, herrscht in Dortmund Ausnahmestimmung.

Schließlich bestreitet der Bundesliga-Fünfte am Abend (21.00 Uhr) erstmals seit elf Jahren wieder ein Champions-League-Halbfinale und will mit einem Sieg im Hinspiel über Paris Saint-Germain dem erträumten Endspiel in Wembley einen Schritt näher kommen. Der von viel Rampenlicht begleitete Start von Ricken in das neue Amt passt zum anspruchsvollen Anforderungsprofil. Schließlich gibt es für die Clubikone schon in den kommenden Wochen reichlich zu tun.

Noch hält sich der Champions-League-Held von 1997, der mit seinem Treffer im Finale zum 3:1 über Juventus Turin den Weg zum bisher größten Triumph der BVB-Historie ebnete, mit öffentlichen Erklärungen zurück. Stattdessen reden andere über seine Beförderung vom Jugend-Koordinator zum Sportchef und über die Rückkehr des einstigen Talente-Scouts Sven Mislintat – und zwar übereinstimmend positiv. «Ich habe mit Lars und Sven eine Vergangenheit und schätze die beiden sehr. Sie haben hier Top-Arbeit geleistet», urteilte Trainer Edin Terzic, der unter der Regie von Ricken früher U-Teams betreut hatte.

«Es ist einen Versuch wert»

Auch sein einstiger Teamgefährte Karl-Heinz Riedle, der in der magischen Final-Nacht 1997 in München gar zweimal getroffen hatte, traut Ricken den Wechsel auf den Chefsessel zu: «Es war eine Überraschung für viele, weil er so ein Amt noch nie bekleidet hat. Aber es ist auf jeden Fall einen Versuch wert», kommentierte Riedle bei ran.de. «Das ist sicher keine einfache Aufgabe, das nach Aki Watzke zu machen. Aber ich glaube, der Lars packt das.» 

Ricken passt wie kaum ein anderer zum Vereinsslogan «Echte Liebe». Seit seinem Wechsel 1990 von Eintracht Dortmund zum BVB spielte und arbeitete der einst als Wunderkind und von Boulevard-Medien als «Lars vom Mars» gefeierte 47-Jährige für keinen anderen Club. Dieser Stallgeruch war jedoch nicht der einzige Grund, warum die Wahl auf ihn fiel. Der im Herbst 2025 aus der Geschäftsführung scheidende Watzke schätzt neben dem diplomatischen Geschick auch die Entscheidungsstärke des gebürtigen Dortmunders.

Umbruch steht nach Niederlage bevor

Diese Eigenschaften werden schon in den kommenden Monaten gefragt sein. Das 1:4 am vergangenen Bundesliga-Spieltag in Leipzig verdeutlichte erneut, dass die Mannschaft einen umfassenden Umbruch benötigt. Die Verpflichtung von Mislintat als für die Kaderplanung zuständigen Technische Direktor lässt darauf schließen, dass der BVB dabei wieder verstärkt auf die Entdeckung und Entwicklung von Talenten setzen will. Viel spricht derzeit dafür, dass die neue Führungsriege dabei weiter auf Trainer Terzic setzt. Auch ein Verbleib von Matthias Sammer als Vereinsberater erscheint wahrscheinlich. Ricken und er pflegen als ehemalige Zimmergenossen bei BVB-Auswärtsspielen ein gutes Verhältnis. 

Weitere Baustellen erschweren die Arbeit des neuen BVB-Chefs zusätzlich. So sollen im Sommer Gespräche über die Verlängerung des bis 2025 datierten Vertrags von Sebastian Kehl geführt werden. Der Sportdirektor wurde lange Zeit als Watzke-Nachfolger gehandelt und hatte das noch vor wenigen Wochen als für ihn «logischen Schritt» bezeichnet. Dass Kehl die Beförderung verwehrt blieb und ihm mit Mislintat auch noch ein Kaderplaner zur Seite gestellt wurde, deutet auf ein begrenztes Vertrauen in die Arbeit des ehemaligen BVB-Profis hin.

Kehl möchte bleiben

Kehl machte aus seiner Enttäuschung in einem Sky-Interview vor dem Leipzig-Spiel keinen Hehl, signalisierte aber Bereitschaft zu einem Verbleib. «Lars ist ein richtiger Borusse. Wir kennen uns lange, haben zusammen Fußball gespielt und die letzten Jahre sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet», sagte er, «das wird hoffentlich sehr viel Spaß machen.» Gedanken über einen Vereinswechsel macht sich Kehl angeblich nicht. «Das spielt für mich jetzt aktuell überhaupt keine Rolle», sagte der 44-Jährige, der im Juli 2022 beim BVB die Nachfolge von Michael Zorc als Sportdirektor angetreten hatte. «Ich habe hier viel zu viel Spaß an dieser Aufgabe, wir haben aktuell viel zu schöne Ziele.» 

Von Heinz Büse, dpa
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