Der Rüstungskonzern Rheinmetall wird neuer Sponsor von Borussia Dortmund. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Henning Kaiser/dpa)

Nur wenige Tage vor dem Champions-League-Finale hat Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund mit einem Sponsoring-Deal für Aufsehen gesorgt. Der Rüstungskonzern Rheinmetall unterstützt den BVB in den kommenden drei Jahren. Das teilten die Westfalen und die Waffenschmiede mit.

Zum finanziellen Volumen wollte sich ein Sprecher der Düsseldorfer Firma nicht äußern, laut «Handelsblatt» geht es um einen einstelligen Millionen-Euro-Betrag pro Jahr. Die Partnerschaft umfasst den Angaben zufolge die Nutzung reichweitenstarker Werbeflächen, Vermarktungsrechte sowie Event- und Hospitality-Angebote im Stadion und auf dem Vereinsgelände. Rheinmetall wird zum «Champion Partner» des BVB, also zum finanziell besonders wichtigen Sponsor.

BVB stellt sich auf Kritik ein

BVB-Chef Hans-Joachim Watzke wies darauf hin, dass Sicherheit und Verteidigung Eckpfeiler der Demokratie seien. «Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen.» Man freue sich auf die Zusammenarbeit und öffne sich «als Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs». Rheinmetall-Chef Armin Papperger zeigte sich zufrieden. «Mit dem BVB und Rheinmetall haben sich zwei Partner gefunden, die mit ihren Ambitionen, ihrer Haltung und ihrer Herkunft gut zueinanderpassen», sagte der Rüstungsmanager.

Der von Watzke angesprochene Diskurs könnte für die Dortmunder zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolgen und von sportlichen Themen vor dem Champions-League-Finale am Samstag gegen Real Madrid ablenken. «Es gibt jetzt nur noch ein einziges Thema, und das ist dieses Finale», hatte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl noch am Dienstag gesagt: «Ich würde mir wünschen, dass wir uns auf dieses Spiel konzentrieren.»

Erstmals sponsert eine Waffenfirma einen Fußball-Bundesligisten

Es dürfte das erste Mal sein, dass ein Rüstungskonzern einen Fußballclub sponsert – dem Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) ist kein vergleichbarer Fall bekannt. Der Verband begrüßte den Schritt. «Das Sponsoring ist ein Weg, um einer breiten Schicht der Bevölkerung das Gefühl zu vermitteln, dass Waffen für die Erhaltung unserer Sicherheit und unseres Friedens nichts ‚Unappetitliches‘ sind, sondern eben ganz normal zu unserer gesellschaftlichen Realität gehören, wenn wir in Frieden und Freiheit leben wollen», sagte BDSV-Hauptgeschäftsführer Hans Christoph Atzpodien.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich ebenfalls zu dem Deal. «Dass Rheinmetall jetzt einen Fußballverein sponsert, ist in der Tat erst einmal ungewöhnlich, aber es zeigt, wo wir stehen», sagte der Grünen-Politiker in Berlin. Man sei in ständigem Kontakt mit Rheinmetall, damit das Unternehmen noch mehr Munition zur Unterstützung der Ukraine produziere, sagte der auch für Rüstungsexporte zuständige Minister.

«Wir wissen und müssen es leider zugeben, dass wir in einer anderen, bedrohlicheren Welt sind.» Deswegen sei «die ja eingeübte und auch so verständliche Zurückhaltung» im öffentlichen Umgang mit der Rüstungsbranche nicht mehr haltbar und richtig, sagte Habeck. «Insofern spiegelt dieses Sponsorship sicherlich auch ein Stück weit die Realität der Zeitenwende wider.» Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine rief die Bundesregierung eine «Zeitenwende» aus und stellte 100 Milliarden Euro bereit, um die Bundeswehr auf Vordermann zu bringen. Von diesem Paket profitiert auch Rheinmetall.

Das für Sport zuständige Bundesinnenministerium wollte den Rheinmetall-BVB-Deal nicht kommentieren. Man äußere sich grundsätzlich nicht zu Sponsoringvereinbarungen von Sportclubs, sagte ein Ministeriumssprecher.

In Nordrhein-Westfalen übte Landessprecher Sascha Wagner von den Linken heftige Kritik. Die Verbindung sei «ein böses Foulspiel», sagte Wagner: «Der Rüstungskonzern lebt von dem Geschäft mit dem Tod.» Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Mona Neubaur von den Grünen erklärte dagegen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, «dass sich die öffentliche Wahrnehmung des Konzerns in den vergangenen rund zwei Jahren verändert hat – auch bei mir persönlich.» Man brauche «Unternehmen wie Rheinmetall, um im Ernstfall unsere Demokratie und unsere Freiheit verteidigen zu können. Und trotzdem ist die Rüstungsindustrie keine Branche wie jede andere. Ich kann deshalb nachvollziehen, dass viele Fans das Sponsoring mit gemischten Gefühlen betrachten.»

Kritik von Fans und Pazifisten

Bei manchen Fußballfans und in anderen Teilen der Gesellschaft fiel die Reaktion negativ aus. Die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen startete eine Online-Petition, in der sie den BVB zum Rückzieher aufgefordert wird und eine «Rote Karte für den Werbedeal» gezückt wird. «Ein Waffenhersteller als Sponsor passt nicht zu den Werten, die der BVB – und Fußball insgesamt – vertritt», hieß es von den Pazifisten.

Auf «X» (früher Twitter) machten zahlreiche Nutzer ihrem Unmut Luft – für viele hat das Logo einer Waffenfirma nichts zu suchen auf Werbebannern am Spielfeldrand. Außerdem gab es ironisch-bissige Kritik: In einer Fotomontage war zu sehen, wie ein Miniatur-Panzer auf ein Spielfeldrand fuhr und dem Schiedsrichter einen Fußball brachte. Die Satire-Partei Die Partei veröffentlichte ebenfalls eine Fotomontage, bei der ein Panzer auf einem Fußballplatz steht, Überschrift: «BVB – wir schießen nicht nur Tore».

Rheinmetall bereits als Sport-Sponsor aktiv

Das Sponsoring eines Sportclubs ist kein Neuland für den Rüstungskonzern, der auch als Kfz-Zulieferer tätig ist – Rheinmetall ist bereits Sponsor des Handball-Clubs Bergischer HC aus Solingen unweit von Düsseldorf. Mit dem Fußballverein und Champions-League-Finalisten BVB kommt das Sportsponsoring von Rheinmetall aber auf ein anderes Level.

Deutschlands größter Rüstungskonzern ist mit seinen rund 30.000 Beschäftigten auf Wachstumskurs, nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schnellte die Nachfrage nach Munition, Panzern und Flugabwehr-Geschützen in die Höhe. Seit Anfang 2022 stieg der Auftragsbestand um rund 10 Milliarden Euro auf 24 Milliarden Euro an, der Umsatz soll in diesem Jahr 10 Milliarden Euro erreichen. Damit wäre er fast doppelt so hoch wie im Jahr 2021, also vor dem Ukraine-Krieg (5,7 Milliarden Euro). Der Aktienkurs hat sich seit Februar 2022 mehr als verfünffacht. Bei der Verteidigung der Ukraine ist Rheinmetall wichtig, die Firma liefert im großen Stil Militärgüter und wird dafür von der Bundesregierung bezahlt.

Von Wolf von Dewitz, dpa
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