Erwartet einen harten Kampf gegen die Schweiz: Italien-Coach Roberto Mancini. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Alfredo Falcone/LaPresse via ZUMA Press/dpa)

Das neue italienische Selbstvertrauen ist hier ganz besonders zu spüren. Riesige Plakate erinnern an die alten Erfolge im Land des viermaligen Weltmeisters, von den Wänden bis zu den Stühlen strahlt alles in azurblau.

Im Casa Azzurri in Coverciano bei Florenz bereitet Italiens Fußball-Nationalelf ihre nächste EM-Mission vor: Zweiter Sieg im zweiten Spiel, das Achtelfinal-Ticket buchen. «Wir können es kaum abwarten, auf den Platz zu gehen», sagte Verteidiger Leonardo Bonucci vor der Partie in Rom gegen die Schweiz am Mittwoch: «Die Anspannung ist immer da. Es ist eine wichtige Partie.»

Die Träume sind im italienischen Lager nach gerade einmal einer Partie schon wieder groß. Das 3:0 im Eröffnungsspiel gegen die Türkei und vor allem der begeisternde Offensiv-Auftritt haben Hoffnungen geweckt. Zunächst einmal muss die Elf von Mancini aber beweisen, dass sie auch gegen stärkere Gegner zu solch einer Leistung fähig ist. «Die Schweiz gehört seit Jahren zu den zehn, zwölf besten Mannschaften der Welt», sagte der 56 Jahre alte Coach, und Bonucci warnte: «Sie haben Spieler, die ein Spiel von einer auf die andere Sekunde entscheiden können. Wir brauchen maximale Aufmerksamkeit.»

«Die Jungs haben vor nichts Angst»

Ihre erste echte EM-Prüfung nehmen die Azzurri selbstbewusst an – auch um schon die Chancen mit Blick auf mögliche noch stärkere Gegner in der K.o.-Phase auszuloten. «Ich bin gespannt auf die Reaktion der Mannschaft, wenn wir gegen große Nationen spielen», sagte Verteidiger Francesco Acerbi. Verbandschef Gabriele Gravina versprach: «Natürlich kommen noch starke Gegner, aber die Jungs haben vor nichts Angst.»

So leicht wie die Türken, die sich 90 Minuten allein aufs Verteidigen konzentrierten, dürften es die Schweizer dem Mit-Gastgeber jedenfalls nicht machen. Denn für die Mannschaft von Vladimir Petkovic geht es nach dem enttäuschenden 1:1 zum Auftakt gegen Wales in Rom schon um viel. «Italien ist ein großer Favorit, nicht nur in unserer Gruppe», sagte Petkovic. «Wir müssen und wir werden den Spielern zeigen, wo man sie überraschen kann.» Sein Team werde «genauso 120 Prozent» geben wie zuletzt bei den Remis gegen Spanien oder Deutschland.

Dass die Italiener zurück im EM-Favoritenkreis sind, ist dreieinhalb Jahre nach dem Verpassen der WM 2018 keine Selbstverständlichkeit. Doch Mancini hat es geschafft, dass mittlerweile stets eine italienische Mannschaft auf dem Platz steht, die vor allem durch ihre Spielfreude überzeugt und damit eine Euphorie im Land entfacht hat. «Er hat die Mentalität der Mannschaft geändert», sagte Acerbi über den Coach. «Er sorgt dafür, dass wir uns auf dem Platz gut fühlen, dass wir keinen Druck spüren. Er hat eine Familie aus uns gemacht.»

Fans freuen sich auf Heimspiel

Und auch die Fans in Italien fühlen sich endlich wieder als Teil der Nationalelf. Nachdem beim Eröffnungsspiel auch viele türkische Fans im Stadion waren, freuen sich die Italiener nun auf ein «echtes Heimspiel», wie es die «Gazzetta dello Sport» bezeichnete. «Große Lust auf eine Wiederholung», titelte «Tuttosport» mit Blick auf die rauschende Party vor knapp 16.000 Fans zum Eröffnungsspiel.

Auch aus personeller Sicht will Mancini daran anknüpfen und seine Startelf überwiegend unverändert lassen. Für Mittelfeld-Regisseur Marco Verratti kommt ein Start-Einsatz nach seiner Knieverletzung wohl noch zu früh. Das Siegerteam aus dem Eröffnungsspiel soll auch die Super-Serie der Azzurri von inzwischen schon 28 ungeschlagenen Partien ausbauen. Sogar der Rekord von 30 Spielen ohne Niederlage unter Vittorio Pozzo von 1935 bis 1939 scheint greifbar.

Schweiz will Italien ärgern

Die Einstellung dieser Bestmarke wollen die Schweizer unbedingt verhindern. «Wir haben Bock, diese Serie zu beenden», kündigte der Gladbacher Denis Zakaria an. Der enttäuschende EM-Auftakt ist für die Schweizer abgehakt. «Wir gehen mit Zuversicht rein und versuchen, Italien so viele Probleme wie möglich zu bereiten», sagte der frühere Bayern-Profi Xherdan Shaqiri, der ankündigte, Italien ärgern zu wollen. Mittelfeldspieler Remo Freuler machte sogar trotz des misslungenen Starts eine gewisse «Aufbruchsstimmung» im Team aus.

Gewissermaßen als Symbol dafür ließen sich zwei Schlüsselspieler die Haare färben: Granit Xhaka vom FC Arsenal und der Dortmunder Manuel Akanji laufen nun in blond auf. Das alleine wird nicht helfen. Um gegen die Squadra Azzurra eine Chance zu haben, muss vor allem die Chancenverwertung deutlich besser werden.

Von Miriam Schmidt und Thomas Eßer, dpa
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