Ihre Wege bei Real Madrid trennen sich: Sergio Ramos (l) und Toni Kroos. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Sergio Ramos räusperte sich kurz und stellte sich mit seinem muskulösen 82-Kilo-Körper im schicken Anzug hinter das Pult. Nach wenigen Worten hielt der knallharte Innenverteidiger inne. Die Stimme stockte, im Publikum wurden die Augen feucht.

Und auch Ramos, der Schrecken eines jeden Angreifers, konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. «Der Moment ist gekommen», sagte der spanische Fußballstar: «Einer der schwersten in meinem Leben. Man ist nie bereit, Real Madrid adios zu sagen.»

15 Jahre – 22 Titel

15 Jahre, 22 Titel, darunter vier Triumphe in der Champions League, viele Jahre der Kapitän, der Antreiber, der Unermüdliche, der Kämpfer in Person. 671 Spiele im Trikot der Königlichen, 101 Tore, davon viele in wichtigen Partien. «Abgesehen von den Zahlen wirst Du immer einer unserer Kapitäne sein und einer unserer Lieblinge», sagte Club-Boss Florentino Perez.

Es sei kein leichter Tag, betonte er, als er vom Pult aus in die erste Reihe blickte, wo Ramos mit seinem adrett gestutzten Vollbart, den zurückgegelten Haaren mit einem kleinen Zopf die Emotionen zunächst noch im Griff behielt. Neben ihm saß Ramos‘ Ehefrau Pilar Rubio mit den gemeinsamen Kindern.

«Bester! Verteidiger! Jemals!»

Am Abend vorher hatte Real mitgeteilt, dass Ramos keinen neuen Vertrag mehr bekommt. Abgezeichnet hatte sich das seit einiger Zeit. Verletzungsbedingt war der Abwehrchef seltener zum Einsatz gekommen, Nationaltrainer Luis Enrique verzichtete auf den Rekordnationalspieler bei seinem EM-Kader.

Und dennoch verneigten sich auch nicht wenige, die bei der Europameisterschaft in vielen Ländern verstreut die Nachrichten vom Ramos-Aus bei Real verfolgten. Wie Toni Kroos im deutschen Camp in Herzogenaurach. «Bester! Verteidiger! Jemals!», schrieb der Mittelfeldstar von Real Madrid bei Twitter.

«Mehr als ein Kapitän, mein Freund, mein Bruder. Danke für die ganzen Momente, die wir auf diesem Erfolgsweg zusammen erlebt haben», schrieb Reals Angreifer Karim Benzema, der sich mit Weltmeister Frankreich in Budapest auf das nächste Gruppenspiel gegen Ungarn vorbereitet.

Legenden-Status bei Real

Eine der großen Legenden sei Ramos, betonte Emilio Butragueño, selbst eine dieser unvergesslichen Ikonen von Real Madrid. Dass Ramos, der im Sommer 2005 mit 19 Jahren vom FC Sevilla nach Madrid gewechselt war, dennoch nicht den Abschied bekommt, dem ihm sicher alle gewünscht hätten, nämlich in einem ausverkauften Estadio Santiago Bernabeu ist der Corona-Pandemie geschuldet.

«Am Ende sind die Umstände, wie sie sind», sagte Ramos. Er fühle sich dennoch privilegiert, so eine Verabschiedung bekommen zu haben», betonte er, nachdem er unter anderem auch vor und hinter den 22 blank polierten Trophäen seiner Real-Karriere posiert hatte.

Über seine Zukunft wird viel spekuliert, bekannt ist nichts, bestätigt erst recht nichts. Ob es ein anderer Top-Verein aus Europa wird wie Manchester City oder Paris Saint-Germain, alles offen. In einem Posting, das Ramos am Abend bei Instagram veröffentlichte, dürfte er Gerüchte um einen Wechsel innerhalb Spaniens, womöglich zurück nach Sevilla, angeheizt haben. «Ich möchte nicht Lebewohl sagen, ich sage nur bis bald, denn ich komme wieder.»

Von Jens Marx, dpa
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