Leverkusens Torschütze Florian Wirtz (r) jubelt nach seinem Treffer. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

In seinem ersten Jahr als Profi spielte Florian Wirtz quasi immer vor leeren Rängen. Sein Debüt für Bayer Leverkusen in Bremen gab er in einem Geisterspiel.

Sein erstes Tor gegen den FC Bayern schoss er in einem Geisterspiel. Sein Europacup-Debüt gegen Glasgow war ein Geisterspiel. Und sein erstes U21-Länderspiel in Moldau ebenfalls.

Starker Start

Der Teenager ist trotzdem durchgestartet. Doch dass er nun auch noch vor Zuschauern spielen darf, scheint den 18-Jährigen nochmal besonders zu beflügeln. «Das ist ein Moment, von dem ich lange geträumt habe», sagte der Jung-Nationalspieler, nachdem er beim 2:1 (1:1) am ersten Europa-League-Spieltag gegen Ferencvaros Budapest den Siegtreffer erzielt hatte (69.): «Vor den eigenen Zuschauern ein Tor zu schießen, ist immer außergewöhnlich. Aber das Siegtor zu erzielen, macht es noch ein bisschen spezieller. Ich freue mich, dass die Fans wieder im Stadion sind. Und dass ich denen ein paar Tore schenken kann.»

In vier Spielen in dieser Saison und ganzen 205 Einsatz-Minuten war der anfangs der Saison noch angeschlagene Wirtz nun bereits an sechs Toren beteiligt. Je drei hat er erzielt und vorbereitet. «Ich schieß natürlich immer gerne Tore oder mache Vorlagen, weil es ein schönes Gefühl ist», sagte er: «Aber im Endeffekt geht es nur darum, dass wir gewinnen.»

Meinungen zu Wirtz

Budapests Trainer Peter Stöger, einst fünf Jahre in der Bundesliga beim 1. FC Köln und Borussia Dortmund tätig, hatte offenbar das Gefühl, die Besonderheit dieses jungen Spielers ohnehin nicht ausreichend beschreiben zu können. «Schlecht isser ned», sagte der Österreicher deshalb mit einem Lachen auf eine entsprechende Frage eines deutschen Journalisten: «Aber das wird euch auch schon aufgefallen sein.»

Leverkusens Coach Gerardo Seoane hatte die Aufforderungen, Wirtz ausdrücklich zu loben, bisher meist umdribbelt. Als Wirtz nun den europäischen Auftaktsieg sicherte, der nach dem frühen 0:1 durch Ryan Mmaee (8.) in weiter Ferne schien, machte Seoane eine Ausnahme. Auch, wenn der Offensivspieler wie das gesamte Team lange gebraucht hatte, um ins Spiel zu finden.

«Was ihn vor allem auszeichnet, ist, dass er im letzten Drittel sehr, sehr klar ist. Er ist nervenstark und behält die Übersicht. Er hat die Qualität, die richtige Entscheidung zu treffen. Und im Moment ist er sehr, sehr effizient», sagte der Coach. Für einen 18-Jährigen ein außergewöhnliches Lob. Als Seoane am Freitag nach Wirtz befragt wurde, klang es sogar eher, als sei er der Routinier im Team. «Wir dürfen uns nicht nur auf Florian verlassen», mahnte der Trainer: «Wir haben Spieler, die ähnliche Anlagen haben, im Abschluss aber noch nicht diese Effizienz. Ziel muss es sein, dass ein anderer Spieler in diese Rolle steigen kann, wenn Florian mal nicht trifft.» Doch im Moment, mit den Zuschauern als Zusatz-Motivation, tut er das ja.

Von Holger Schmidt, dpa
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