Die Clubs wollen die teilweise leeren Tribünen wieder mit Fans füllen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Balk/dpa)

Der FC Bayern München verlangt einen 3G-Nachweis, Borussia Dortmund lässt mit wenigen Ausnahmen keine Getesteten, sondern nur Geimpfte oder Genesene (2G) rein.

Der FSV Mainz 05 setzt mit der «2G-plus»-Regel auf eine Zwischenlösung: Neben Bereichen für ausschließlich Geimpfte und Genesene gibt es auch ein geringes Kontingent für negativ Getestete. Fest steht: Es herrscht ein Zuschauer-Wirrwarr bei den Fußball-Vereinen, die unter Auflagen seit dieser Saison wieder mehr Fans empfangen dürfen. Manchen Vereinen geht die Teil-Öffnung nicht weit genug. Sie drängen auf mehr Besucher und drohen mit rechtlichen Schritten – mit Erfolgsaussichten?

50 Prozent Auslastung, maximal 25.000 Zuschauer: Diese Grundregel hat die Politik den Clubs der zwei höchsten Spielklassen im Fußball auferlegt. Während bei Kulturveranstaltungen mit einem 2G-Konzept teilweise alle Plätze belegt werden dürfen, bleiben die Ränge vieler Vereine teilweise leer. «Es wird Zeit, dass das ‚Team Vorsicht‘ aufpasst, dass es nicht zum ‚Team weltfremd‘ wird», hatte der scheidende Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), Christian Seifert, zuletzt gemahnt.

Senatsentscheidung macht Clubs Hoffnung

Hoffnung macht vielen Profi-Clubs die Entscheidung des Hamburger Senats vom Dienstag: Zweitligist Hamburger SV darf das Volksparkstadion unter 2G-Bedingungen wieder voll auslasten, auch wenn die Hamburger aus organisatorischen Gründen darauf am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg noch verzichten. BVB-Chef Hans-Joachim Watzke hatte zuletzt einen solchen Beschluss gefordert. «Wenn die überwiegende Mehrheit der Zuschauer geimpft und die Kinder getestet sind, halte ich Fußballspiele vor gut gefüllten Häusern für ein verantwortbares Risiko», sagte Watzke der «Welt am Sonntag».

Auch der Zweitligist FC St. Pauli wird gegen Dynamo Dresden am 3. Oktober nur geimpften oder genesenen Fans den Stadionzutritt gewähren. Dann könnten zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie wieder 29.546 Zuschauer ins Millerntor-Stadion kommen.

Dass neben den Stadien in Hamburg weitere Arenen unter der 2G-Voraussetzung in wenigen Wochen wieder komplett besetzt sein dürfen, hält Verfassungsrechtler Björn Schiffbauer für «relativ wahrscheinlich». Schließlich könne die 2G-Regelung den öffentlichen Gesundheitsschutz wohl gewährleisten. «Die Freiheit von Vereinen und Zuschauern weiter einzuschränken, wäre somit unverhältnismäßig», sagte Schiffbauer, der auch Mitglied im Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes ist.

Klage als «Ultima Ratio»?

Das Problem: Nicht alle Bundesliga-Clubs ziehen bei der 2G-Regelung mit. Der FC Bayern setzt bislang ebenso auf 3G wie Hertha BSC. Mainz testet am kommenden Wochenende eine Zwischenlösung. «Wir wollen die Nur-Getesteten nicht ausschließen», hatte der Mainzer Vorstandschef Stefan Hofmann zuletzt im Interview der «Bild»-Zeitung gesagt. Auch bei Union Berlin wird die 2G-Option beim nächsten Heimspiel gegen Arminia Bielefeld nicht angewandt, weil sie «nicht umsetzbar» sei, wie es in einer Vereinsmitteilung am Dienstag hieß. Sie umfasse neben den Fans auch die Union-Mitarbeiter, das eingesetzte Personal aller Dienstleister, Behörden, Verbände und alle Vertreter des Gastvereins.

Bei Eintracht Frankfurt stellt es sich so dar, dass am Samstag gegen den 1. FC Köln 31.000 Zuschauer kommen dürften, der Verein aber aus organisatorischen Gründen nur 25.000 Fans zulässt. Das Gesundheitsamt Frankfurt hatte die Genehmigung des Antrags für bis zu 31.000 Zuschauer unter der Berücksichtigung der 2G-Regelung im Stehplatzbereich in Aussicht gestellt, doch «aufgrund der Kurzfristigkeit und den damit verbundenen organisatorischen Herausforderungen» nahmen die Frankfurter Abstand von dieser Option. Klar ist: «Es dürfte ohne 2G deutlich schwieriger zu argumentieren sein, die Stadien wieder voll zu öffnen», so Schiffbauer.

Sollten die Fußball-Vereine – vor allem unter Berücksichtigung der 2G-Regel – ihre Zuschauer-Kapazität nicht erhöhen dürfen, haben einige Clubs rechtliche Schritte angedroht. «Wir würden uns einer Klage anschließen», sagte Hertha-Geschäftsführer Fredi Bobic. Und auch Watzke, der zunächst auf einen Dialog mit der Politik setzen will, schloss juristische Maßnahmen als «Ultima Ratio» nicht aus.

Über die Erfolgsaussichten dieser Klagen könne keine pauschale Aussage getroffen werden, sagte Schiffbauer. «Gegen die Regelung der Corona-Schutzverordnung muss in jedem Bundesland separat vorgegangen werden. Mit einer Klage ist da nicht viel gewonnen.» Letztendlich werde es auf ein koordiniertes Vorgehen in der Politik hinauslaufen.

Fans kommen noch nicht alle zurück

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt Hoffnung auf zumindest vollere Stadien gemacht. Man könne die Teilnehmerzahlen für Geimpfte und Genesene anders rechnen als Getestete, erklärte der CDU-Politiker. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur: «Leider ist es auch unter 2G-Bedingungen im Moment noch nicht sinnvoll, die Stadien ganz zu füllen.» Wegen des Nachlassens des Impfschutzes würden vollere Stadien auch wegen der Anreise ein Problem darstellen.

Viele Vereine sorgen sich nicht nur wegen der finanziellen Einbußen, sondern fürchten auch, dass sich Fans an ein Fußball-Spiel vor dem Fernseher gewöhnen könnten. So hatte die TSG 1899 Hoffenheim gegen Union Berlin nur 8014 Zuschauer, gegen Mainz 8427 – 15.000 sind erlaubt. Auch bei Hertha oder Greuther Fürth waren trotz geringerer Kapazität nicht alle Karten vergriffen. Es werde noch dauern, bis die Fans wieder vollständig ins Stadion zurückkämen, prophezeite TSG-Trainer Sebastian Hoeneß. Fürth-Coach Stefan Leitl sprach von einer «Unsicherheit» bei vielen Fans.

Ob 2G, 3G oder 2G-Plus – die Fußball-Clubs werden das Dauerthema Corona bislang nicht los. Doch die Entscheidung des Hamburger Senats könnte Signalwirkung für andere Bundesländer haben.

Von Jordan Raza, dpa
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