Dortmunds Trainer Marco Rose (M) gibt Axel Witsel (l) Anweisungen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Marco Rose war mächtig bedient, erwies sich aber als guter Verlierer.

Trotz der Enttäuschung über das 0:1 (0:1) seines dezimierten Teams und der anfänglichen Schmähgesänge der heimischen Fans gratulierte der Coach von Borussia Dortmund zuerst seinen ehemaligen Fußballprofis aus Mönchengladbach zum Sieg, ehe er den Unterlegenen Trost spendete. Sein Besuch in der gegnerischen Kabine wenig später trug ebenfalls zur Entspannung bei. Auf eine Fortsetzung des Dauerthemas der vergangenen Wochen mit knalligen Schlagzeilen über seine brisante Rückkehr an die alte Wirkungsstätte verspürte Rose wenig Lust: «Machen wir einfach einen Haken dran, ich finde es reicht.»

Bei seinem ersten Besuch im Gladbacher Stadion seit seinem von vielen Fans mit Kritik begleiteten Wechsel zum BVB kam es für Rose gleich knüppeldick. Die nur kurzen und überschaubaren Unmutsbekundungen von den Tribünen, bei denen er als «Söldner» und «Hurensohn» verunglimpft wurde, konnte er noch locker verschmerzen. «Darauf habe ich mich vorher eingestellt», kommentierte er und verwies auf die herzliche Atmosphäre nach Spielende bei seiner Stippvisite in der Gladbacher Kabine: «Ich habe meine Jungs wiedergesehen, mit denen ich zwei wunderschöne Jahre hatte.»

Abstand zu den Bayern wächst

Schwerer als die Pfiffe der Fans wog für ihn der Frust über die unglücklichen Begleitumstände der bitteren Niederlage. Sowohl der kurzfristige Ausfall der beiden Schlüsselspieler Erling Haaland und Marco Reus als auch der viel diskutierte Platzverweis für Mahmoud Dahoud (40.) nur drei Minuten nach dem Gegentreffer durch Denis Zakaria warfen den BVB nach zuletzt vier Pflichtspielerfolgen im Titelrennen zurück. «Jetzt liegen wir schon wieder ein paar Punkte hinter den Bayern», klagte Lizenzspielerchef Sebastian Kehl.

Die Abhängigkeit des BVB von Tormaschine Haaland und Impulsgeber Reus, die sich im Abschlusstraining am Freitag verletzt hatten, wurde in Gladbach offensichtlich. Erstmals nach dem Vereinsrekord von 37 Bundesliga-Spielen blieb die hochgelobte Offensive des Revierclubs, in der zudem auch noch die Verletzten Giovanni Reyna und Julian Brandt fehlten, ohne Torerfolg. Rose hofft, dass sowohl Haaland als auch Reus am Dienstag im Champions-League-Spiel gegen Sporting Lissabon wieder zur Verfügung stehen.

Dass sich zudem der bereits mit der Gelben Karte bedachte Dahoud nach seinem zweiten geahndeten Foul zu einem abwertenden Abwinken in Richtung Schiedsrichter Deniz Aytekin hinreißen ließ und deshalb die Ampelkarte sah, rundete den Eindruck von einem schwarzen Fußball-Abend für den BVB ab. Ersatzkapitän Mats Hummels nahm sich den Mittelfeldspieler zur Brust: «Gelb-Rot in Gladbach wegen Meckerns bei Rückstand – dafür gibt es keine Entschuldigung. Es ist doof, dem Schiedsrichter die Chance zu geben, ihn dafür runter zu schicken.»

Entschuldigung von Dahoud

Dahoud selbst bat via Instagram sein Team und die BVB-Fans um Entschuldigung. «Mir ist ein respektvoller Umgang auf und neben dem Platz wichtig», versicherte der 25-Jährige.

Gleichwohl werteten viele Dortmunder die Entscheidung des erfahrenen Referees als Schlüsselszene der Partie – und als überzogen. Nachdem kurz zuvor schon Dahouds Teamkollege Raphael Guerreiro ähnlich abfällig auf einen Pfiff reagiert hatte, wollte Aytekin ein Zeichen setzen. «Dieses Verhalten möchte ich nicht auf dem Platz. Wir haben ein Mindestmaß an Respekt verdient», erläuterte der Betriebswirt.

Bei allem Verständnis für die Rolle des Schiedsrichters als Respektsperson brachte Rose seinen Unmut zum Ausdruck. «Sowohl Spieler als auch Trainer sollten versuchen, solche Dinge zu unterlassen. Aber zu sagen, ich setze ein Zeichen, finde ich ein bisschen zu einfach. Dann ist es eine Frage der Linie. Entweder alle oder gar keiner. Wenn ich eine solche Karte gebe, haben wir in den nächsten Wochen eine Menge Gelb-Rote Karten», kritisierte er.

Watzke kritisiert Aytekin

Nach Einschätzung von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hätte ein anderer Referee wie Manuel Gräfe die Szene anders gelöst. «Der hätte ihm die Hand auf die Schulter gelegt und hätte ihm gesagt, jetzt ist Schluss mit der Reklamiererei», sagte der 62-Jährige. Zu Aytekins Reaktion sagte er: «Das ist nicht so, wie ich mir einen Schiedsrichter vorstelle. Da musst du beruhigend auf die Spieler einwirken.»

Viel Zeit, den Frust über das 0:1 zu vertreiben, bleibt nicht. Schon am Dienstag will der BVB im zweiten Gruppenspiel der Königsklasse gegen Lissabon Wiedergutmachung betreiben. Rose ist guter Dinge: «Wir werden das verarbeiten, damit wir am Dienstag wieder unseren Mann stehen.»

Von Heinz Büse, dpa
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