Zwischen FIFA-Boss Gianni Infantino (l), und IOC-Chef Thomas Bach besteht offenbar Redebedarf. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa)

Auf der Werbetour durch Südamerika für eine WM alle zwei Jahre erreichte Gianni Infantino der nächste Widerstand gegen sein aktuelles Lieblingsprojekt.

Erstmals schaltete sich auch das Internationale Olympische Komitee in den Streit um die Zukunft des Weltfußballs ein – und bezog in für seine Verhältnisse ungewohnt deutlicher Manier Stellung. Die Ringe-Organisation brachte offiziell «Sorgen» über die FIFA-Pläne zum Ausdruck und unterstützte Forderungen für eine «breitere Konsultation» aller Betroffenen.

Zudem ließ sich ein Sprechermit dem Satz zitieren, dass IOC-Präsident Thomas Bach «zu keiner Zeit» von IOC-Mitglied Infantino kontaktiert worden sei, um die Vorschläge zur Reform des Terminkalenders zu diskutieren. Auch wenn Bach & Co. kein direktes Mitspracherecht haben, dürfen sich Infantinos Gegenspieler aus Europa und Südamerika in ihrer Kritik damit bestätigt fühlen.

Vielfalt des Sports würde untergraben werden

In einer Mitteilung nach der Sitzung der Exekutive warnte das IOC zudem davor, dass sich ein um zwei Jahre verkürzter WM-Rhythmus auch auf andere Sportarten – unter anderem Tennis, Radsport, Golf, Turnen, Leichtathletik und die Formel 1 – negativ auswirken würde. «Das würde die Vielfalt und die Entwicklung des Sports außerhalb des Fußballs untergraben.» Zudem würde die Ausweitung des Kalenders zu Herausforderungen für den Frauenfußball führen und die Spieler mental und physisch massiv belasten.

Mit diesen Argumenten hatten die Europäische Fußball-Union UEFA und der südamerikanische Kontinentalverband CONMEBOL die Verkürzung des Rhythmus kritisiert, UEFA-Chef Aleksander Ceferin drohte offen mit einem Boykott. «Die UEFA wird sich weiterhin dagegen wehren, bis der gesunde Menschenverstand siegt und die Pläne fallen gelassen werden», sagte ein UEFA-Sprecher am Wochenende. «Jeder vermeintliche Reiz ist oberflächlich, während die Fallstricke groß sind.»

Infantino wirbt weiter für Zwei-Jahres-WM

Infantino setzte ungeachtet des Gegenwinds sein Werben für die Pläne einer WM alle zwei Jahre fort. «Ich glaube, dass das Prestige eines Wettbewerbs nicht von der Zeit abhängt, in der er ausgetragen wird», sagte der 51-Jährige in Caracas, wo er Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro traf. «Andernfalls müssten wir die Weltmeisterschaft alle 40 Jahre ausrichten.» Infantino war vor diesem Abstecher bereits in Kolumbien und wollte auf seiner Reise auch Ecuador, Chile und Argentinien bereisen.

Eine Technische Beratungsgruppe der FIFA um Direktor Arsène Wenger hatte die WM-Ausrichtung alle zwei Jahre vorgeschlagen, auch der Rhythmus der Kontinentalturniere wie der EM würde dabei verkürzt. Demzufolge sollen die Änderungen nach der WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko mit erstmals 48 Nationen endgültig greifen. 2027 würden dann die Turniere der Konföderationen ausgerichtet werden. Im bislang geplanten EM-Jahr 2028 stünde dann schon wieder die nächste WM an.

Kompromissbereitschaft

Alleine ein negatives Votum aus Europa und Südamerika würde bei einer Abstimmung unter allen FIFA-Mitgliedern nicht reichen, um dieses Projekt zu stoppen. Die «Times» berichtete dennoch, dass die FIFA inzwischen zu Kompromissen bereit sei. Weltverbands-Vizepräsident Victor Montagliani aus Kanada, der die Konföderation aus Nord- und Mittelamerika sowie der Karibik vertritt, könnte womöglich als Vermittler die Situation «am Rande eines Bürgerkriegs» («Times») vor der endgültigen Eskalation bewahren. Ein möglicher Kompromiss wäre beispielsweise ein weiteres, internationales Turnier: eine weltweite Nations League, nach dem Vorbild der europäischen Version, als zusätzliche Veranstaltung anstelle einer WM alle zwei Jahre würde damit möglicherweise wieder auf die Agenda rücken.

Von Florian Lütticke und Ralf Jarkowski, dpa
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