FIFA-Präsident Gianni Infantino sieht sich nach seinen Aussagen bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Kritik ausgesetzt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Gollnow/dpa)

Diese Worte wurden selbst Gianni Infantino zu heikel.

Nur wenige Stunden, nachdem der FIFA-Präsident die künftige Ausrichtung der Fußball-WM mit Not und Armut in Afrika in Verbindung gesetzt hatte, ließ der mächtige Funktionär über den Weltverband ausrichten, das habe er gar nicht so gemeint. Die Geschichte vom Mittwoch in Straßburg zeigt zweierlei: Wie kompromisslos und vehement Infantino sein Projekt der WM im Zweijahresrhythmus antreiben will. Und: Wie wenig die Öffentlichkeit das noch überrascht.

Dabei hatte Infantino vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats auch über die Zukunft des weltweiten Fußballs referiert. «Wir müssen den Afrikanern Hoffnung geben, dass sie nicht über das Mittelmeer kommen müssen, um hier vielleicht ein besseres Leben vorzufinden – aber wahrscheinlich den Tod im Meer. Wir müssen ihnen Möglichkeiten und Würde geben», sagte der 51 Jahre alte Schweizer. So hoch hatte selbst der FIFA-Boss das extrem umstrittene Prestigeprojekt oder die vermeintliche Kraft des Fußballs zuvor noch nie gehängt.

Infantino wirbt für WM im Zweijahresrhythmus

Begriffe wie «Hoffnung», «Emotionen» oder «Träume» prägen die Vorträge Infantinos, der im Werben für die Dauerfußball-WM immer mehr in die Rolle des Samariters schlüpft. Den Reichen nehmen, den Armen schenken: So begründet der FIFA-Boss gerne sein Vorhaben, mit dem das wichtigste Fußballturnier künftig doppelt so häufig stattfinden soll wie bislang. Doch diesmal hat sich Infantino übernommen – und deshalb klarstellen lassen: «Dies war eine allgemeine Bemerkung, die sich nicht direkt auf die Möglichkeit bezog, alle zwei Jahre eine FIFA-WM auszutragen.» Seine Aussagen seien «aus dem Kontext gerissen» und «missinterpretiert» worden.

Infantinos Einsatz für die vor allem von Europa und Südamerika massiv abgelehnte Fußball-Revolution ist inzwischen enorm. Der Schweizer riskiert viel. Wird die Reform abgeschmettert – und Infantino bekommt auch sonst kein Zugeständnis von den resistenten Streitpartnern um UEFA-Boss Aleksander Ceferin – ist das mehr als ein Gesichtsverlust.

Ceferin stellte unabhängig von den Aussagen über Afrika erneut klar, dass die WM alle zwei Jahre für ihn und seinen Verband keine Option darstelle. Der europäische Fußball stehe «fest» hinter einem solidarischen Modell, das auch vom Europarat unterstützt wird. Die jüngste Resolution lasse keinen Interpretationsspielraum zu. «Sie enthält ein klares Nein zu egoistischen Superligen und ein klares Nein zu extravaganten WM-Vorschlägen, hingegen ein kategorisches Ja zur Zusammenarbeit im Hinblick auf den Schutz und die Stärkung unseres Modells, das im Interesse des europäischen Fußballs und der europäischen Gesellschaft ist», wurde Ceferin am Donnerstag zitiert.

UEFA gegen FIFA-Pläne

Die UEFA ist im Kern dafür, den Rahmenterminkalender so zu belassen. Das liegt natürlich auch an Eigeninteressen: Wird die WM, das zweifellos bedeutendste aller Fußballturniere, im zweijährigen Rhythmus gespielt, verlieren auch die UEFA-Wettbewerbe an Bedeutung und Stellenwert. Europas Spitzenverband treibt stattdessen eigene Projekte voran. So wird am 1. Juni 2022 erstmals eine sogenannte Finalissima ausgetragen: Südamerika-Meister Argentinien trifft in London auf Europameister Italien.

Auch eine Ausweitung der 2018 erstmals ausgespielten Nations League mit den zehn Teams aus Südamerika ist eine Option. Solange Europa und Südamerika geschlossen zusammenarbeiten, dürfte es für Infantino schwer werden, sein Herzensprojekt durchzudrücken. Denn klar ist auch: Ohne die Spitzenteams von diesen beiden Kontinenten würden nicht nur alle Weltmeister der Geschichte fehlen, sondern auch der sportliche Wert. Die UEFA und der südamerikanische Verband Conmebol haben ihre Zusammenarbeit jüngst bis 30. Juni 2028 verlängert.

Von Patrick Reichardt und Jan Mies, dpa
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