Als Frank Kramer einen kleinen Witz machte, hellte sich seine dauerbedröppelte Miene kurz auf.
«Da sieht man mal. Wenn man jetzt danach geht: je mehr Technik, desto besser. Weil dann kann die Technik die Technik überstimmen», beschrieb der Trainer von Arminia Bielefeld die kuriose Panne der Torlinientechnik, die beim 0:4 in Mainz auf der Uhr von Schiedsrichter Felix Zwayer irrtümlich ein Tor der Gastgeber angezeigt hatte. Erst nach Einsatz des Videobeweises wurde der vermeintliche Treffer korrekterweise nicht gegeben. Für die Ostwestfalen war aber auch das keine Hilfe.
«Das muss der Tiefpunkt gewesen sein», warnte Kramer. Er sprach nicht mehr über streikende Technik, sondern über die vierte Niederlage in Serie ohne eigenes Tor. Vor den ausgegebenen sieben Endspielen, die mit einem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart beginnen, hat Kramer eine Länderspielpause Zeit, sein Team wieder auf Kurs zu bringen. Sonst dürfte die Rolle des 49-Jährigen im Saisonendspurt schnell kritisch hinterfragt werden.
Flucht in Floskeln
In Mainz flüchtete sich die Arminia in Floskeln. Sich den Spiegel vorhalten, die Ärmel hochkrempeln, ein anderes Gesicht zeigen, Fragen stellen und Antworten finden, führte Kramer aus. Wie die Bielefelder in knapp zwei Wochen die offensive Harmlosigkeit und die defensive Anfälligkeit konkret beheben wollen, das blieb offen an diesem erinnerungswürdigen Fußball-Nachmittag.
Besonders wurde dieser nicht nur wegen des Technikirrtums, sondern auch wegen der drei Foulelfmeter, die Mainz innerhalb von 15 Minuten zugesprochen bekamen. Nach dem geteilt schnellsten Tor der laufenden Saison durch Jonathan Burkardt nach 27 Sekunden verwandelten Moussa Niakhaté, Burkardt und Marcus Ingvartsen jeweils einen Strafstoß.
Tor-Hinweis auf Schiri-Uhr
Für den Endstand spielte die kuriose Szene nach der 15. Minute deshalb keine Rolle. Nach einem Kopfball von Niakhaté hatte Zwayer auf seiner Uhr deutlich verspätet einen Tor-Hinweis von der Torlinientechnik bekommen. Mainzer Jubel brach aus, mitten im Spiel, das längst fortgesetzt war. Zwayer ging an die Seitenlinie und überprüfte per Videobeweis – und das vermeintliche 2:0 zählte doch wieder nicht.
«Kurios, es war außergewöhnlich», sagte Zwayer. «Wir haben gehört, dass das System im Lauf des Spiels überprüft wurde und dass tatsächlich eine Fehlfunktion vorgelegen hat.» Die finale Klärung nahm Zwayer dann selbst vor. «Ich wollte mir selbst ein Bild machen. Es bot mir zudem die Möglichkeit, das Ganze den Spielern authentisch zu vermitteln», sagte er.
Prietl verschuldet zwei Elfmeter
So lagen die Bielefelder kurzzeitig nicht mit 0:2, sondern nur mit 0:1 hinten. Dann aber verhielten sich seine Spieler auch zu «plump», sagte Kramer, er wollte nicht widersprechen, als es um die schlechteste Saisonleistung ging. «Jeder einzelne Spieler will nächstes Jahr Bundesliga spielen. Und das muss ich sehen. Im Spiel muss ich das anders sehen als heute», sagte der Trainer. Manuel Prietl, der zwei Elfmeter verschuldet hatte, wirkte ebenso bedient: «Im Endeffekt ist es so, dass jedes Spiel ein Endspiel sein wird.»
Einen Technik-Vorschlag steuerte Kramer auch noch bei. «Wenn es zu einem gerechten Fußball führt, hängen wir jedem etwas um den Hals, damit wir es ganz sicher wissen», scherzte der Trainer.