Trainer Julian Nagelsmann (l) gibt während des Spiels in Mainz Benjamin Pavard Anweisungen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Thomas Frey/dpa)

Kurz nach ihrem Lustlos-Auftritt in Mainz düsten die gar nicht meisterlichen Bayern-Profis ohne ihren frustrierten Trainer Julian Nagelsmann für zwei Tage nach Ibiza.

«Wir haben das als Team-bildende Maßnahme akzeptiert», bestätigte Münchens Sportvorstand Hasan Salihamidzic den Kurztrip und äußerte die Hoffnung: «Unsere Mannschaft hatte sich noch höhere Ziele in dieser Saison gesetzt und ist seit dem Ausscheiden in der Champions League sehr mit sich und ihrem künftigen Weg beschäftigt. Ich habe als Spieler gelernt, wie aus Niederlagen Stärke erwachsen kann. So eine gemeinschaftliche Aktion der Mannschaft kann hier eine wichtige Grundlage sein.»

Nagelsmann sieht dringenden Handlungsbedarf. Schon unmittelbar nach dem blamablen 1:3 (1:2) beim FSV Mainz 05 hatte der Bayern-Trainer indirekt die Charakterfrage gestellt und eine personelle und strukturelle Inventur in der Sommerpause angemahnt. «Wenn es so wirkt, als ob wir irgendeinen Dienst abhalten müssen und keine Leidenschaft da ist, ist der Punkt erreicht, wo wir etwas verändern müssen. Da sind wir gerade», sagte der 34-Jährige und fügte hinzu: «Wenn du zehn Jahre nacheinander immer Meister wirst, kommt der Zeitpunkt wo du sagst, wir müssen jetzt einiges anders machen. Ich will, dass wir den Weg erfolgreich weitergehen und nicht irgendwann sagen, scheiße, wir haben den Punkt verpasst.»

Ob der Ibiza-Trip die Bayern vor dem Saisonendspurt wieder in die Erfolgsspur bringt, muss sich erst erweisen. «Das passt gar nicht, vor allem nach so einem Spiel», kritisierte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei Sky. «Ich würde als Julian Nagelsmann auch da härter durchgreifen: Die freien Tage werden gestrichen nach so einem Spiel.» Stattdessen müssen Manuel Neuer & Co. erst am Dienstag wieder zum Training erscheinen.

Rede- und Handlungsbedarf

Nationalspieler Joshua Kimmich sieht nicht erst dann erhöhten Redebedarf bei den im DFB-Pokal und in der Champions League frühzeitig gescheiterten Bayern, die in Mainz zum wiederholten Mal enttäuschten. «Die Leistung sollte uns zu denken geben. Natürlich sind wir letzte Woche deutscher Meister geworden. Trotzdem ist uns das in dieser Saison viel zu oft passiert», sagte der Mittelfeldspieler und forderte: «Das müssen wir ganz klar analysieren, damit das in den nächsten zwei Spielen und vor allem in der nächsten Saison nicht mehr vorkommt.»

Mit ihrem blutleeren Auftritt gab die hoch bezahlte Münchner Star-Auswahl vor 33.305 Zuschauern in der ausverkauften Mainzer Arena ebenso Rätsel auf wie ihr Trainer bei der anschließenden Analyse. «Ich habe eine Erklärung, aber die gebe ich euch nicht. Das ist nichts für die Medienwelt», diktierte Nagelsmann den Journalisten nach dem Abpfiff. Über die Gründe wolle er nur intern mit der Mannschaft sprechen. Ähnlich geheimnisvoll gab sich der Bayern-Trainer in Bezug auf seine Planungen für die Zukunft: «Es gibt schon Ansätze zur Veränderung, aber die verrate ich nicht.»

Schwache Auftritte

Die Vorstellung verstärkte den Eindruck der vergangenen Wochen, dass die Bayern teilweise ein Mentalitätsproblem haben. Bochum, Salzburg, Villarreal und jetzt Mainz – die Liste der schwachen Auftritte in diesem Jahr ist lang. «Ich finde, dass wir immer eine gewisse Grundleidenschaft im Spiel benötigen. Die hatten wir heute nicht. Das ist zwar ein Stück weit menschlich, wenn du gerade Meister geworden bist. Aber trotzdem tragen wir immer noch das Bayern-Logo auf der Brust», kritisierte Nagelsmann seine Schützlinge und betonte: «Es sind zu viele Niederlagen in dieser Art.»

Die fünfte Saison-Pleite in der Fußball-Bundesliga – so viele gab es für die Münchner zuletzt vor sieben Jahren – hätte sogar noch höher ausfallen können. Gleich dreimal trafen die überlegenen Mainzer, für die Jonathan Burkardt, Moussa Niakhaté und Leandro Barreiro erfolgreich waren, nur das Aluminium. «Wir können nicht neun hundertprozentige Chancen gegen uns kriegen, das funktioniert einfach nicht», rügte Nagelsmann das mangelhafte Defensivverhalten. 22:7 Torschüsse für die Hausherren wies die Bilanz am Ende aus. So viele hatten die Bayern letztmals vor fünf Jahren im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid zugelassen.

Das 34. Saisontor von Robert Lewandowski war zu wenig, weil es den Bayern an Leidenschaft und Emotionen fehlte. «Ich habe auch Spieler gesehen, die zwingend gewinnen wollten. Aber es waren ein Stück weit weniger als bei Mainz», analysierte Nagelsmann. Das soll sich in den abschließenden Saisonspielen nicht wiederholen. «Es ist völlig klar, dass sich unsere Spieler am Sonntag gegen den VfB Stuttgart mit der sie auszeichnenden Professionalität und fußballerischen Stärke voll einsetzen werden, um unseren Fans mit einem Sieg einen schönen Saisonabschluss als deutscher Meister im eigenen Stadion zu schenken», sagte Salihamidzic.

Von Eric Dobias, dpa
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