Trainer Markus Weinzierl verlässt den FC Augsburg. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Balk/dpa)

Ein gekränkter Markus Weinzierl wählte als letzten Ausweg die TV-Kamera. Nur Minuten nach dem Schlusspfiff verkündete der Trainer des FC Augsburg im Alleingang seinen Abschied und watschte den ahnungslosen Manager Stefan Reuter ab.

Mit dem völlig überraschenden Knall legte Weinzierl das kaputte Verhältnis zum Weltmeister von 1990 offen und ergriff die Flucht. «Ich wollte eigentlich länger hier bleiben», sagte Weinzierl nach dem 2:1 (1:1) gegen Absteiger SpVgg Greuther Fürth. «Für mich ist es die richtige Entscheidung, keine Gespräche mehr zu führen.»

Der im April 2021 zu seinem Herzensverein zurückgekehrte Trainer besaß nur einen Vertrag bis Ende Juni. Eine Verlängerung galt eigentlich als Formsache, so stellte das auch Reuter dar. Gespräche sollten aber erst kommende Woche stattfinden.

Weinzierl spricht von einem langen Reflexionsprozess

Es sei ein «klares Zeichen», wenn vor dem letzten Spieltag noch keine Unterredungen stattgefunden hätten, befand Weinzierl. «Viele Gründe» hätten am Ende den Ausschlag gegeben, sich zu verabschieden. Den Entschluss fasste er nach einem monatelangen Prozess erst am Tag vor dem letzten Spiel. «Es ist ein hartes Ende für mich persönlich, ich gehe aber stolz nach Hause», äußerte Weinzierl.

Vor dem Anstoß war er in fast schon wehmütiger Weise über den Rasen geschlendert, hatte die Eindrücke aus der Arena aufgesaugt. Nach dem Schlusspfiff versammelte der 47-Jährige seine Mannschaft um sich und informierte sie über seinen Schritt.

Reuter ließ er außen vor und stellte ihn bloß. «Nein, aber das wird er jetzt schon mitbekommen», antwortete Weinzierl im TV-Sender Sky auf die Frage, ob er den Manager informiert habe. «Es ist für mich sehr überraschend gekommen», räumte Reuter irritiert und gefasst zugleich ein. War das Verhältnis zerrüttet? «Ich hatte nicht den Eindruck», meinte er. In Zeiten, in denen mediale Statements penibel geplant werden, wählte Weinzierl die maximale Eskalationsstufe.

Erinnerungen an den Streit 2016

Schon 2016 hatte es zwischen Weinzierl und Reuter gekracht. Der Straubinger wechselte damals nach vier erfolgreichen gemeinsamen Jahren samt Europa-League-Tour zum FC Schalke. Reuter beklagte sich, dass Weinzierl seinen Abschied im Vorfeld nicht so klar kommuniziert habe, wie dieser behauptete. Der Trainer sah das anders.

Als Weinzierl 2021 zurückkam, galt der Streit als beigelegt. Der Coach löste Heiko Herrlich ab und blieb mit dem FC Augsburg in der Bundesliga. Auch in dieser Saison wurde das Ziel Klassenerhalt erreicht. Reuter hatte aber mehr erwartet. «Ich glaube, dass der Kader richtig gut ist, dass wir durchaus eine stärkere Saison hätten spielen können», sagte der 55-Jährige und beklagte damit die fehlende Entwicklung. Weinzierl wiederum fand das Aufgebot nicht so herausragend und den Klassenerhalt offensichtlich zu wenig gewürdigt.

Mit dem überraschend am Freitag verkündeten Rücktritt von Vereinspräsident Klaus Hofmann aus gesundheitlichen Gründen verlor er auch einen Fürsprecher. «Das ist eine Säule, die weggebrochen ist», räumte Weinzierl ein. Da ihm offensichtlich auch die Wertschätzung Reuters fehlte, sah er keine Basis für eine weitere Zukunft. «Das war nicht so geplant», sagte Weinzierl zu seinem Blitz-Aus, während sich seine Spieler mit ihren Familien vor den Fankurven noch feiern ließen. «Mir tut das Herz auch weh.»

Was passiert mit Reuter?

Reden und Schweigen – das war mal wieder der Augsburger Knackpunkt. Reuter verwies darauf, dass er mit seinem Coach einen klaren Fahrplan für Vertragsgespräche verabredet habe. «Ich werde ihn nicht meiden, aber seine Entscheidung ist zu akzeptieren», sagte der Manager.

Einen Zeitplan für die Trainersuche gibt es nicht. «Wir werden uns in Ruhe hinsetzen und den richtigen Trainer für den FC Augsburg finden», versicherte Reuter, der nach dem Aus von Hofmann und Weinzierl der einzige verbliebene starke Mann im Verein ist.

Zugleich wächst die Kritik an Reuter. Die Halbwertszeit der letzten drei Trainer Weinzierl, Herrlich und Martin Schmidt lag nur jeweils bei rund einem Jahr. Der Trainer von Borussia Dortmund II, Enrico Maaßen, könnte der «Sport Bild» zufolge Nachfolger werden. Auf die Frage, ob er kommende Saison noch beim FC Augsburg sei, antwortete Reuter: «Davon können Sie ausgehen.»

Von Martin Moravec, dpa
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