Erling Haaland verspürte wenig Lust auf ein schnelles Goodbye. Im Anschluss an das 0:0 und einer beklatschten Ehrenrunde durch das Stadion war der Torjäger von Manchester City in Spendierlaune.
Mit von ihm handsignierten hellblauen Trikots der «Citizens», die er mit breitem Lächeln an seine ehemaligen Dortmunder Mitstreiter und Vereinsmitarbeiter verteilte, brachte er seinen Dank für die gemeinsame Zeit zum Ausdruck. Auch auf dem Weg zum Teambus, in dem die Mannschaftskollegen schon ungeduldig auf ihn warteten, ließ sich der Norweger viel Zeit. Nach zahlreichen Smalltalks, Autogrammen und Selfies hielt er noch einmal kurz inne und drückte dem verdutzten BVB-Torhüter Gregor Kobel, der gerade vor laufenden Kameras Auskunft über seinen gehaltenen Elfmeter gab, einen Kuss auf die Wange.
Obwohl Haaland bei der unterhaltsamen Nullnummer ausnahmsweise ohne Treffer blieb und schon zur Halbzeit ausgewechselt wurde, bereitete ihm die Rückkehr nach Dortmund sichtbar Freude. Dazu trug nicht nur der warme Empfang der Fans bei. Auch das Ergebnis sorgte für ein harmonisches Miteinander. Schließlich machte Manchester mit dem 0:0 den Gruppensieg und Dortmund den Einzug in das Achtelfinale perfekt – schon vor dem letzten Gruppenspiel am kommenden Mittwoch in Kopenhagen.
«Eine richtige gute Leistung»
BVB-Trainer Edin Terzic wirkte wie von schwerer Last befreit: «Das war eine richtige gute Leistung – nicht nur heute, sondern in allen Gruppenspielen. Wir haben es geschafft, uns in einer sehr starken Gruppe bereits nach dem fünften Spieltag für die K.o.-Runde zu qualifizieren. Darauf können wir stolz sein.» Vor allem die Art und Weise, mit welcher Leidenschaft sein Team nach der Pause das eigene Tor verteidigte, nötigte dem Fußball-Lehrer großen Respekt ab: «Wir mussten leiden, aber das haben wir angenommen.»
Dass die Borussia den mit zahlreichen Weltstars besetzten Titelfavoriten in der famosen ersten Halbzeit sogar gehörig ins Wanken brachte, rundete den starken Auftritt ab. Mittelfeldspieler Jude Bellingham machte aus seiner Genugtuung keinen Hehl: «Ich glaube nicht, dass viele Teams in dieser Saison gegen Manchester City ohne Gegentor bleiben. Wir sind sehr glücklich, weil wir unsere Reise fortsetzen können.» Ähnlich wie der englische Nationalspieler wertete auch Elfmeterheld Kobel die Vorstellung als ermutigendes Signal für den weiteren Saisonverlauf: «Das zeigt, was in unserer Mannschaft steckt.»
Zwei Wochen nach der Kritik über den verspielten ersten Matchball zur vorzeitigen Achtelfinal-Qualifikation gegen Sevilla (1:1) nutzte der BVB die zweite Chance. Selbst Mats Hummels, der mit wiederholter und öffentlicher Schelte für die Mannschaft Schlagzeilen produziert hatte und diesmal mit einer überragenden Vorstellung zum Happy End beitrug, sah diesmal keinen Grund zur Klage. «Wenn ich kritisiere, muss man von mir erwarten, dass ich vorangehe. Aber heute haben sich viele richtig reingehauen», befand der zum «Man of the match» gewählte Dortmunder Abwehrchef und schloss sogar einen von ihm noch kürzlich gescholtenen Angreifer mit in sein Lob ein: «Insbesondere möchte ich Karim Ademyi hervorheben. Er hat geackert wie ein Stier.»
Torgarant Haaland ohne Wirkung
Dass Torgarant Haaland ohne Wirkung blieb, war ein Verdienst von Hummels. «Mats war extrem heiß. Erling ist gar nicht zur Entfaltung gekommen», schwärmte Sportdirektor Sebastian Kehl. Die derzeitig gute Form könnte dem 33 Jahre alten Weltmeister von 2014 doch noch zu einem Platz im WM-Aufgebot der deutschen Nationalmannschaft verhelfen. «Die Entscheidung wird am Ende Hansi Flick treffen müssen. Aber Mats macht es ihm im Moment unglaublich schwer», sagte Kehl.
Doch ohne die Rettungstat von Kobel, der in der 58. Minute einen Elfmeter von Riyad Mahrez parierte, wäre der BVB gegen den englischen Meister erneut leer ausgegangen – wie schon bei den knappen und unglücklichen 1:2-Niederlagen in den vergangenen drei Partien. «Es war wichtig, dass wir uns diesmal belohnt haben. Ich bin glücklich, dass ich der Mannschaft dabei helfen konnte», kommentierte der BVB-Torhüter. Lächelnd fügte er an: «Ich hätte mir aber noch mehr ein Elfmeter-Duell mit Erling gewünscht. Wir beide haben uns im Training letztes Jahr so manches Duell geliefert.»