Lässt sich von Trainer Roberto Martinez (l) trösten: Belgiens Kevin De Bruyne. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Nick Potts/PA Wire/dpa)

Romelu Lukaku allein hätte Belgien mehrfach ins WM-Achtelfinale schießen können, weinte nach dem 0:0 gegen Kroatien aber bittere Tränen und schlug wütend auf die Trainerbank ein. Der international unvollendete Kevin De Bruyne musste nach dem ersten WM-Vorrunden-Aus Belgiens seit 1998 von den Kroaten getröstet werden.

Die chaotische belgische WM-Teilnahme in Katar endete mit einem Fiasko, die goldene Generation der Rode Duivels verabschiedete sich bereits nach der Vorrunde und bleibt titellos.

Vize-Weltmeister Kroatien mit Ex-Weltfußballer Luka Modric hält sich dagegen die Chance auf den WM-Titel offen und steht nach dem benötigten Punkt gegen Belgien im Achtelfinale. Gegen die diesmal leicht verbesserten Belgier musste der WM-Zweite von 2018 am Ende aber gehörig zittern und feierte den hart erkämpften Punkt überschwänglich. Durch den gleichzeitigen 2:1-Sieg Marokkos gegen Kanada kamen die Kroaten indes nur als Gruppenzweiter weiter und gingen damit unverhofft Spanien aus dem Weg. Achtelfinal-Gegner ist nun Japan. Der für Belgien zur zweiten Halbzeit eingewechselte Lukaku vergab für Belgien mehrere Hochkaräter zum Sieg (60. Minute, 62., 87., 90.).

Martinez: «Wir gehen hier erhobenen Hauptes raus»

«Die Leistung heute, das waren wirklich wir. Heute waren wir bereit, haben uns viele Torchancen erspielt. Wir gehen hier erhobenen Hauptes raus», sagte Belgiens Trainer Roberto Martínez. «Jetzt müssen halt die Jungen nachrücken und zeigen, was sie können», sagte Martinez, der unmittelbar nach dem Spiel seinen Rücktritt erklärte. «Das war heute mein letztes Spiel als Nationaltrainer. Das ist natürlich sehr emotional», sagte der Spanier.

De Bruyne steht damit – ob im Verein oder in der Nationalelf – weiter ohne internationalen Titel da. Dreimal im Viertelfinale, dazu der dritte Platz in Russland lautete die Bilanz der letzten großen Turniere – der beste Jahrgang, den Belgien je hervorgebracht hat, bleibt unvollendet.

«Diese Generation verdient Respekt und Bewunderung», hatte Belgiens Nationaltrainer Roberto Martínez vor dem Alles-oder-Nichts-Spiel klargestellt. In den Tagen seit der Ankunft am Golf hatte der so begabte Jahrgang allerdings in erster Linie reichlich Negativ-Schlagzeilen produziert. Ein angeblicher Kabinen-Zoff, eine Maulwurf-Affäre bis hin zum Krisengipfel hatten die schwachen sportlichen Auftritte begleitet.

Kroatien knackt einen Rekord – fast

Grund genug für Martinez, seine Startelf zu überdenken. Für den ohnehin seit langer Zeit außer Form spielenden Superstar und Kapitän Eden Hazard war gegen Kroatien lange kein Platz mehr, auch sein Bruder und Bundesligaprofi Thorgan rutschte aus der Anfangsformation. Auch für den angeschlagenen Superstar Lukaku reichte es noch nicht, der Torjäger von Inter Mailand saß auf der Bank und kam zur zweiten Halbzeit ins Spiel.

Zunächst einmal fehlte nicht viel, und Belgien hätte auch noch das schnellste Tor der WM-Geschichte kassiert. Bereits nach neun Sekunden setzte Ex-Bundesligaprofi Ivan Perisic einen Schuss aus halblinker Position knapp neben das Tor. So hätte er fast noch den Türken Hakan Sükür übertroffen, der bei der WM 2002 nach elf Sekunden im Spiel um Platz drei gegen Südkorea getroffen hatte.

Belgien ohne die nötige Durchschlagskraft

Die Kroaten erwischten jedenfalls den besseren Start und sorgten für reichlich Verwirrung in der Defensive der Rode Duivels. Glück hatten die Belgier, dass der Foulelfmeter in der 15. Minute vom deutschen Video-Schiedsrichter Marco Fritz wieder einkassiert wurde. Der gefoulte Andrej Kramaric vom Bundesligisten TSG 1899 Hoffenheim hatte bei der Flanke zuvor hauchdünn im Abseits gestanden. So kam es nicht zum pikanten Duell zwischen Modric und Thibaut Courtois, die beide zu den Leistungsträgern bei Champions-League-Sieger Real Madrid zählen. Courtois bestritt am Donnerstag sein 100. Länderspiel.

Den Belgiern fehlte es lange an Durchschlagskraft gegen die stabile Kroaten-Abwehr. Höchste Zeit für «Big Rom», den belgischen Rekordtorjäger. Und es dauerte keine vier Minuten, ehe Lukaku nach seiner Einwechslung per Kopf erstmals in Aktion trat. Mit dem Stürmer war wieder eine Anspielstation in der Zentrale, der die Bälle festmachen und verteilen konnte. Und nur der Pfosten verhinderte das goldene Tor von Lukaku (60.).

Je mehr die Belgier riskierten, desto anfälliger wurden sie in der Defensive. Bei Schüssen von Mateo Kovacic (50.), Marcelo Brozovic (54.) und Modric (54. und 68.) war Courtois zur Stelle. Die letzten großen Chancen für Belgien vergab Lukaku kurz vor dem Ende (87./90.). Auch die späte Einwechslung von Eden Hazard konnte das bittere Aus der Belgier nicht mehr verhindern.

Stefan Tabeling, Carsten Lappe und Miriam Schmidt, dpa
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