Marokko will mit einem Sieg über Portugal ins WM-Halbfinale stürmen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Robert Michael/dpa)

Ganz Afrika und auch der arabische Raum scheinen sich einig – alle für die Löwen vom Atlas. Vor dem WM-Viertelfinale zwischen Marokko und Portugal fiebern viele Millionen Menschen mit dem Außenseiter, der von allen Seiten vereinnahmt wird.

Als erstes afrikanisches Team überhaupt bei einer Fußball-Weltmeisterschaft kann die Auswahl von Trainer Walid Regragui am Samstag (16.00 Uhr MEZ/ZDF und MagentaTV) im Al-Thumama Stadion ins Halbfinale einziehen. Ein früherer WM-Held des Landes traut Marokko noch mehr zu.   

«Kämpfen für unsere Heimat»

«Was wir heute erleben, ist historisch – eine der besten acht Mannschaften hier zu sein. Ich glaube, die können es bis ins Finale schaffen. Unsere Spieler kämpfen für unsere Heimat», sagte Abderrazak Khairi der Deutschen Presse-Agentur. Der heute 60-Jährige erzielte beim 3:1 gegen Portugal im Gruppenspiel 1986 in Mexiko zwei Tore. Im Achtelfinale schied Marokko dann durch ein spätes Tor von Lothar Matthäus mit 0:1 gegen Deutschland aus.

«Ich war damals ein Kind. Die Spieler von 1986 waren unsere Helden, wir wollten alle so sein wie sie. Vielleicht lassen wir jetzt die Kinder von Marokko träumen und sie werden eines Tages für unser Land spielen», sagte der so gefeierte Coach Regragui, der als erster afrikanischer Trainer ein WM-Viertelfinale erreicht hat. «Marokko hat die Unterstützung vieler Menschen im Rücken, um Historisches zu schaffen.» 

Der Begriff «historisch» fällt dieser Tage im Zusammenhang mit Marokko ziemlich oft. Roger Milla feierte einst seine Tore als Stürmer-Oldie bei der WM 1990 mit Hüftschwüngen an der Eckfahne, er stand mit Kamerun im Viertelfinale. «Die Geschichte geht weiter…», twitterte Milla dieser Tage und zeigte eine Fotomontage mit seiner Person, mit Papa Bouba Diob, der 2002 mit Senegal im WM-Viertelfinale stand, mit Asamoah Gyan (Ghana 2010) – und mit Marokkos Hakim Ziyech im Vordergrund.

Der Profi vom FC Chelsea, der Ex-Dortmunder Achraf Hakimi von Paris Saint-Germain, Noussair Mazraoui vom FC Bayern München und Torwart Bono vom FC Sevilla, der Elfmeterheld vom Achtelfinal-Sieg gegen Spanien – das sind die bekannten Spieler des Viertelfinalisten. Und natürlich Abdelhamid Sabiri, 26, der früher beim 1. FC Nürnberg und SC Paderborn spielte und heute bei Sampdoria Genua unter Vertrag steht.

Erst ein Gegentor

Nur ein Gegentor, beim 2:1 gegen Kanada, hat Marokko bei diesem Turnier kassiert – und das war auch noch ein Eigentor. Ob es die Mannschaft ins Halbfinale schafft? «Es wird Zeit, dass das passiert», sagte Sabiri im Interview von «La Repubblica». 14 Spieler, die nicht in Marokko geboren sind, hat die Mannschaft in ihren Reihen. «Das ändert nichts. Deine Kultur ist die, die dir deine Eltern vermitteln. Meine ist Marokko, deshalb bin ich hier», erklärte der 26-Jährige. Er kam mit drei nach Deutschland und begann bei der TSG Frankfurter Berg zu kicken.   

«Unser Inneres ist marokkanisch, das haben wir alle gelernt», sagte sein in Frankreich geborener Trainer Regragui. Gefeiert wurde sein Team nach dem Coup gegen Spanien nicht nur bei Autokorsos in Doha und vielen Städten der Welt, sondern vor allem in der Heimat. Dort zog sich auch König Mohammed VI. von Marokko ein Trikot über und ließ sich durch die Menschenmassen in der Hauptstadt Rabat fahren. In Casablanca steigen an diesem Freitag und Samstag noch einige Sondermaschinen mit Fans nach Doha auf. 

Zu Beginn des Turniers verstand Regragui sein Team noch als rein afrikanisches Team. Nigeria 1994, Ghana 2010 – das waren seine Bezugsgrößen. Mittlerweile nimmt er die Unterstützung der gesamten arabischen Welt dankend auf, zu der Marokko allein sprachlich auch gehört. Regragui war «sehr glücklich, dass wir den Menschen in Marokko, den Arabern und Afrikanern Freude bereiten können». Auch in Tunesien gab es Hupkonzerte, in Ägypten wurden Marokkos Fußballer gefeiert, im weiter entfernten Libanon sangen Menschen: «Gott segne Marokko und unser einziges arabisches Team.»     

Selbst aus dem Nachbarland Algerien, zu dem Marokkos Beziehungen angespannt sind, gab es nach dem Sieg gegen Spanien Gratulationen. «Glückwunsch Brüder, der Maghreb ist stolz auf euch», schrieb Algeriens Fußballstar Ismaël Bennacer vom AC Mailand. Die Medien hielten sich mit ihrer Berichterstattung aber auffällig zurück. Beide Länder streiten sich über den Status der benachbarten Westsahara.

Die möglichen Aufstellungen:

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Marokko: 1 Bono – 2 Hakimi, 5 Aguerd, 6 Saiss, 3 Mazraoui – 4 Amrabat – 8 Ounahi, 11 Sabiri – 7 Ziyech, 17 Boufal – 19 En-Nesyri

Portugal: 22 Costa – 2 Dalot, 3 Pepe, 4 Dias, 5 Guerreiro – 10 B. Silva, 14 Carvalho, 25 Otávio – 8 Fernandes, 26 Ramos, 11 João Félix

Schiedsrichter: Facundo Tello (Argentinien)

Ulrike John, Cindy Riechau und Sebastian Stiekel, dpa
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