Kopf der kroatischen Mannschaft: Luka Modric. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Robert Michael/dpa)

Was haben Rekord-Weltmeister Brasilien, Mitfavorit Belgien und Deutschland-Besieger Japan gemeinsam? Alle drei Nationen dürfen bei der WM in Katar nach einem Duell mit Kroatien nicht mehr mitspielen – dabei haben Seleção, Rode Duivels und Blue Samurai regulär gar nicht gegen den WM-Zweiten von 2018 verloren.

Das Team um Luka Modric hat sich über zwei Elfmeterschießen und eine Nullnummer im letzten Gruppenspiel ins Halbfinale gebracht. Dieses findet am Dienstag (20.00 Uhr) gegen Argentinien und Lionel Messi statt. Was sind die Trümpfe des Teams von Trainer Zlatko Dalic, der das kleine Land schon vor vier Jahren ins WM-Endspiel führte?

Torhüter Livakovic

Nicht die ausgeschiedenen Manuel Neuer oder Alisson Becker, sondern Dominik Livakovic ist bislang der Torhüter des Turniers. Gegen Japan hielt der Schlussmann von Dinamo Zagreb bereits drei Elfmeter, diesmal vereitelte er diverse Großchancen von Neymar und Co. und hielt den Elfmeter von Rodrygo. «Wir sind total erfahren bei Elfmeterschießen, das ist unser Erfolgsrezept», sagte Livakovic. Der 27-Jährige sah vor vier Jahren in Russland zu, wie Daniel Subasic zum Elfmeterheld wurde. Nun ist er es selbst.

Motor Modric

Dieser Mann ist ein Phänomen. Schon bei der WM 2006 stand der heute 37-Jährige im Kader, damals an der Seite von Niko und Robert Kovac sowie Josip Simunic. Den vorläufigen Gipfel erreichte er im Jahr 2018, als er sein Team als Motor ins WM-Endspiel führte. Zuletzt wurde nach seiner vorzeitigen Auswechslung gegen Japan viel debattiert, ob Modric in Katar noch genug im Tank hat. Die Antwort gab er nun gegen Brasilien, als er 120 Minuten auf der Höhe war und dann noch präzise einen Elfmeter verwandelte. Der Star von Real Madrid habe «den Rhythmus vorgegeben», sagte Dalic. «Es ist unglaublich, wie großartig er spielt. Er war nicht müde.»

Dalic-Plan geht auf

Gegen den Turnier-Topfavoriten mit Ballartisten wie Richarlison, Vinícius Júnior und Neymar gab es für Kroatiens Coach Dalic nur eine Devise: hinten dicht und vorne auf einen guten Moment hoffen. 105 Minuten klappte zumindest der erste Teil gut, dann drohte ein Geniestreich von Neymar alle Träume platzen zu lassen. Doch Joker Bruno Petkovic gelang per abgefälschtem Schuss der kaum noch für möglich gehaltene Ausgleich. 

Sich ins Elfmeterschießen zu retten, war offenbar Kroatiens Wunschszenario. Es gelang mit einer Portion Glück und einem starken Livakovic, der gegen Brasiliens Offensive weitere Gegentore verhinderte. «Nur Kroaten können das. Wir haben starke Charaktere, wir geben nicht auf», sagte Dalic. Mit der Vehemenz und der defensiven Disziplin erinnerten die Kroaten an Marokko, das am Dienstag mit ähnlicher Ausrichtung Mitfavorit Spanien – ebenfalls nach Elfmeterschießen – ausgeschaltet hatte.

Nerven und Erfahrung

In 90 Minuten macht es Kroatien in einer K.o.-Runde der WM nicht – das war 2018 schon so und wiederholt sich nun. Und am Ende heißt der Sieger des Nervenspiels quasi immer Kroatien. Für Co-Trainer Ivica Olic ist das keine Überraschung. «Ich war ziemlich sicher, wir werden das wieder schaffen. Weil wir einen Weltklasse-Torhüter haben. Zudem haben sich sieben, acht Schützen gemeldet, die schießen wollten», sagte Olic. Beleg dafür: Mislav Orsic war der einzige Akteur, der gegen Japan und Brasilien zum Elfmeter antrat. Sonst wechselten die Schützen.

Auch der Punkt Erfahrung spielt für die Kroaten eine wichtige Rolle. Modric war gegen Brasilien trotz seines fortgeschrittenen Alters stark, auch der wiedererstarkte Dejan Lovren und Achtelfinal-Torschütze Ivan Perisic hatten in der K.o.-Phase ihre Momente. Den Eindruck, Kroatien sei zu alt, konnte man in der Gruppenphase zwar zeitweise bekommen. Doch das eingespielte Ensemble hat sich wieder einmal rechtzeitig gesteigert.

Patrick Reichardt, Nils Bastek und Ulrike John, dpa
Folge uns

Von