Dodi Lukebakio (r) und Hertha BSC stehen einen Spieltag vor Schluss als Absteiger fest. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Soeren Stache/dpa)

Pal Dardais Rettungsmission ist gescheitert, Hertha BSC steigt zum siebten Mal in seiner turbulenten Vereinsgeschichte aus der Fußball-Bundesliga ab.

Der Dauer-Krisenclub aus der Hauptstadt hielt dem Maximaldruck nicht stand und kam im fast ausverkauften Olympiastadion nicht über ein 1:1 (0:0) im Abstiegsduell gegen den VfL Bochum hinaus. Sekunden fehlten den Herthanern am Samstag praktisch nur, um sich wenigstens eine weitere Woche die Hoffnung auf Erstklassigkeit zu erhalten. Nach der Berliner Führung durch Lucas Tousart in der 63. Minute glich Keven Schlotterbeck in der vierten Minuten der Nachspielzeit aus – mit einem Schlag war es mucksmäuschenstill.

Nur mit einem Sieg und Schützenhilfe der Konkurrenten hätte sich die Hertha am 33. Spieltag vor dem vorzeitigen Abstieg retten können. Mit 26 Punkten als Tabellenletzter ist bei nur noch einem ausstehenden Spiel der Relegationsrang fünf Punkte entfernt. Zu allem Überfluss muss der Club aus dem Westend wegen der wirtschaftlich heiklen Lage sogar noch um die Lizenz für die Zweite Liga bangen.

Hertha mit Boateng in der Startelf

Es war eine Kulisse eigentlich wie geschaffen für Heldentaten, 70.692 Zuschauer. Und blau-weiß so weit das Auge reichte im mächtigen Rund. An den Fans, die dem Dauerkrisen-Club in dieser Saison in bemerkenswerterweise immer wieder den Rücken stärkten, sollte es nicht liegen. Und Trainer Dardai zog den letzten Trumpf, den er noch hatte: Angeführt von Kapitän Kevin-Prince Boateng, dem gebürtigen Berliner mit der Hertha im Herzen, ging es ins erste Alles-oder-Nichts-Spiel.

36 Jahre alt, im womöglich vorletzten Spiel seiner langen Karriere und seinem gerade mal fünften Startelf-Einsatz in dieser Saison dirigierte Boateng vom Anpfiff an seine Mitspieler, forderte und verteilte die Bälle. Schon vor einem Jahr unter dem damaligen Trainer Felix Magath hatte der Routinier als Aufstellungs-Flüsterer und Impulsgeber auf dem Platz seinen Anteil am Klassenverbleib gehabt.

Doch nach wenigen Minuten wurde auch deutlich, warum Hertha als Tabellenletzter antrat: Ziemlich unbedrängt kam Philipp Hofmann, im Hinspiel beim 3:1 mit seinem ersten Bundesliga-Doppelpack, im Hertha-Strafraum zum Kopfball, zielte aber am Tor vorbei. 

«Ich weiß, was der Plan ist», sagte Dardai vor der Partie noch selbstbewusst in die Sky-Mikrofone. 2015 und 2021 hatte er seine Hertha schon als Trainer vor dem Abstieg gerettet. Die dritte Mission ist wohl die schwerste. Ein Tor, das die Fans schon frenetisch feierten, wurde wieder aberkannt. Eingeleitet von Boateng hatte Dodi Lukebakio nach einem Sololauf vollendet. Problem nur, dass zuvor Stevan Jovetic gefoult hatte, wie die Überprüfung der Szene durch Schiedsrichter Felix Brych ergab.

Ejuke verpasst Chance zum 2:0

Es war eine intensive, eine kämpferische Partie, in der beiden Mannschaften anzumerken war, was auf dem Spiel stand, immerhin war für Bochum die vorzeitige Rettung möglich. Und der VfL erhöhte den Druck, zuerst musste Maximilian Mittelstädt mit einer Grätsche gegen Takuma Asano klären, kurz danach Keeper Oliver Christensen nach einem Flugkopfball des Japaners mit einer tollen Parade retten, ehe Philipp Förster knapp am Hertha-Kasten vorbei schlenzte. Auf der Gegenseite konnte Lukebakio bei einer der raren Hertha-Gelegenheiten Manuel Riemann im Bochumer Tor nicht überwinden.  

Es war klar, je länger es 0:0 stehen würde, umso brenzliger wird es für die Gastgeber. Also drängte Hertha erstmal nach dem Seitenwechsel: Marco Richter und Jovetic vergaben aber ihre Chancen. Tousarts Kopfballtor nach einer Ecke sorgte für einen großen Stimmungsausbruch. Dardai brachte zwei frische Kräfte für die Nerven zehrende lange Schlussphase. Einer davon, Chidera Ejuke, hatte in der 90. Minute die Entscheidung auf dem Fuß, traf aber nur den Pfosten. Doch Bochum kam noch zum Eckball, der den Abstieg für Hertha bedeutete. Zum Schlusspfiff gab es Entsetzen auf den Rängen und einzelne Böller.

Jens Marx und David Langenbein, dpa
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