Medienberichten zufolge gehen der VfL Wolfsburg und Trainer Niko Kovac getrennte Wege. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Swen Pförtner/dpa)

Bei seinem letzten öffentlichen Auftritt als Trainer des VfL Wolfsburg zeigte Niko Kovac noch einmal Leidenschaft und Emotion. «Meine Jungs», wie er die Mannschaft bis zuletzt nannte? «Sie werden in der Liga bleiben!» Seine Qualitäten als Trainer? Die zweifele er nicht an!

«Kovac heißt übersetzt Hufschmied», sagte der 52-Jährige nach dem 1:3 gegen den FC Augsburg. «Das ist derjenige, der richtig draufhaut auf den Amboss. Der weiß, was es heißt, zu arbeiten, zu leben, zu kämpfen.» Allein: Das alles half dem früheren Meistercoach des FC Bayern München nach einer langen sportlichen Krise nicht mehr. Keine 20 Stunden nach diesen kämpferischen Worten trennten sich die Wolfsburger am Sonntag von ihm.

Kovac wollte mit dem Volkswagen-Club um Titel mitspielen oder ihn zumindest in einen Europapokal-Wettbewerb zurückführen. Nach nicht einmal zwei Jahren aber übergibt er eine für mehr als 70 Millionen Euro verstärkte Mannschaft nun als Abstiegskandidat an einen noch nicht bekannten Nachfolger.

Nur zwei Siege in den letzten 20 Ligaspielen

«Wir bedauern die Entwicklung und halten es für erforderlich, der Mannschaft jetzt einen neuen Impuls zu geben, um die Situation zu stabilisieren», sagte Geschäftsführer Marcel Schäfer. Eigentlich wollten er und der VW-dominierte Aufsichtsrat diese Saison gerne mit Kovac beenden und erst im Sommer einen neuen Trainer installieren. Doch die Macht des Faktischen wurde nach dem Augsburg-Spiel zu stark.

Der VfL hat nur zwei der vergangenen 20 Ligaspiele gewonnen und ist im gesamten Kalenderjahr 2024 noch sieglos. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz schmolz an diesem 26. Spieltag auf sechs Punkte zusammen. Bitter für Kovac ist, dass die Niederlage gegen Augsburg durch einen völlig überzogenen Platzverweis beim Stand von 1:0 für Wolfsburg begünstigt wurde. Aber auch das ging angesichts einer monatelangen Fehlentwicklung nicht mehr als mildernder Umstand durch.

Kovac ist nicht der erste namhafte Trainer, der in Wolfsburg hohe Ziele verfehlt. Das passierte vor ihm auch schon Mark van Bommel, Andries Jonker oder dem früheren englischen Nationalcoach Steve McClaren. Doch bei dem 52-Jährigen war die Diskrepanz zwischen Erwartetem und Erreichtem besonders groß.

Als Kovac 2022 zum VfL kam, galt er als potenzieller Premier-League-Coach, der zuvor die enorme Entwicklung von Eintracht Frankfurt angeschoben, mit Bayern München das Double gewonnen und den französischen Club AS Monaco in die Champions-League-Qualifikation geführt hatte. Doch was er auch tat in Wolfsburg – es geriet sehr schnell an Grenzen.

Auch die Co-Trainer müssen den Club verlassen

Seiner Mannschaft brachte er Fitness und Laufstärke bei – mehr aber auch nicht. Rhetorisch reduzierte er die lange Misserfolgsserie auf die Faktoren Glück und Pech. Es ist Kovac‘ größtes Verdienst in Wolfsburg, bis dato kaum bekannte Spieler wie Felix Nmecha und Micky van de Ven so vorangebracht zu haben, dass der VfL sie im vergangenen Sommer für 70 Millionen Euro verkaufte. Das wog die fehlende spielerische Weiterentwicklung am Ende aber nicht auf.

«Natürlich bin vor allem ich als Cheftrainer enttäuscht darüber, dass es uns nicht gelungen ist, trotz vielversprechender Ansätze den Turnaround zu schaffen», wurde Kovac noch einmal in einer Mitteilung des Clubs zitiert. Mit ihm müssen auch sein Bruder Robert und der zweite Co-Trainer Aaron Briggs gehen.

Der VfL steht nun vor der Entscheidung, sofort einen neuen Chefcoach oder erst noch eine Interimslösung bis zum Saisonende zu präsentieren. Zumindest zwei Kandidaten wären sofort verfügbar: der Däne Bo Svensson (zuletzt Mainz 05) und der Österreicher Ralph Hasenhüttl (zuletzt FC Southampton). Auch Matthias Jaissle vom Club Al-Ahli in Saudi-Arabien wird als Kovac-Nachfolger gehandelt.

Sebastian Stiekel, dpa
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