Kein Einzelfall: Silas Katompa Mvumpa aka Silas Wamangituka. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Der Schritt an die Öffentlichkeit ist dem Fußballprofi Silas Katompa Mvumpa, aber auch dem VfB Stuttgart sicher nicht leicht gefallen.

Dass der Bundesligist Anfang der Woche bekanntgab, der Kongolese habe zwei Jahre unter dem falschen Namen Wamangituka für ihn gespielt, brachte ihm nun Lob ein. Der Afrika-Kenner Barthélémy Gaillard findet diesen Schritt «sehr positiv». Ihm sei kein anderer Fall bekannt, in dem ein Club auf diesem Niveau Ähnliches getan habe, sagte der Buchautor der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten».

Abhängigkeit von Spielervermittlern

Wie der Franzose wundern sich auch andere Afrika-Experten nicht über das Schicksal des hochveranlagten Stürmers Silas, der offenbar länger von einem windigen Spielervermittler abhängig war. Für sie ist er alles andere als ein Einzelfall. «Dass solche Dinge passieren, überrascht mich nicht», sagte der gelernte Journalist Paul Nehf dem Internet-Portal «t-online». «Die allermeisten afrikanischen Spieler sind von Personen, die Kontakte zu Vereinen nach Europa haben, abhängig», erklärte Nehf, der laut «t-online» seit vielen Jahren als Scout, Spielervermittler und Berater in Afrika tätig ist.

Gaillard sprach von einem System der Ausbeutung und des Menschenhandels. «Und weil so viele davon profitieren, gibt es niemanden, der entschlossen dagegen vorgehen würde», erklärte er.

Der VfB hatte Katompa Mvumpa 2019, der zurzeit einen Kreuzbandriss auskuriert, für rund acht Millionen Euro Ablöse vom FC Paris geholt. Nach Angaben des Bundesligisten lebte er während seiner Zeit in Frankreichs Hauptstadt in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Berater und habe «augenscheinlich» weder auf sein Konto noch auf seine Papiere Zugriff gehabt. Am Dienstag hatte der Club sein Schicksal öffentlich gemacht, nachdem der Spieler sich den Verantwortlichen offenbart hatte.

Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes will nun prüfen, ob in dem Fall ein sportstrafrechtliches Fehlverhalten des Spielers vorliegt. Dem VfB drohen aber wohl keine Punktabzüge.

Bessere Chancen für afrikanische Nachwuchsspieler schaffen

Probleme wie bei Silas entstehen laut Nehf allerdings auch, weil es afrikanischen Talenten etwa in Deutschland nicht erlaubt sei, unterhalb der 2. Bundesliga oder in den Nachwuchsmannschaften der Bundesligisten zu spielen. «Die Hemmschwelle für deutsche Profivereine, ein junges afrikanisches Talent zu verpflichten, ist also enorm», meinte Nehf.

Spieler wie Katompa Mvumpa müssten sich daher mit lokalen Beratern einlassen, um den Sprung nach Europa zu schaffen. So wäre Katompa Mvumpa ohne diesen Vermittler «vielleicht immer noch im Kongo, und kein Hahn würde in Deutschland nach ihm krähen».

Um Abhängigkeitsverhältnissen wie beim VfB-Profi entgegenzuwirken, sind laut Nehf bessere Chancen für afrikanische Nachwuchsspieler durch mehr europäisches Engagement vor Ort, Visa-Erleichterungen und Spielgenehmigungen auch im Juniorenfußball erforderlich, heißt es in dem Bericht bei «t-online».

Wegen der zweifelhaften Identität ist Silas, wie ihn die VfB-Fans nennen, bisher offenbar nicht für die Nationalmannschaft seines Heimatlandes berufen worden. «Wir haben ihn früher nicht nominiert, quasi als Vorsichtsmaßnahme, weil dieser Punkt etwas nebulös wirkte», sagte Christian Nsengi-Biembe, bis Mai Nationaltrainer des Landes, der «Bild». «Heute ist alles eindeutig.»

Von Matthias Jung, dpa
Folge uns

Von