Ist auf den Spuren seines großen Vorbildes: Gianluigi Donnarumma. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Ettore Ferrari/Pool EPA/AP/dpa)

In seinem Kinderzimmer mit den Postern von Gianluigi Buffon an der Wand träumte Gianluigi Donnarumma von mehr. Von einer großen Torwart-Karriere, von Titeln im italienischen Nationaltrikot.

«Mein Ziel war es immer, die Nummer eins zu sein», sagte Italiens Fußball-Nationalkeeper über die Anfänge seiner Karriere in seinem Heimatort bei Neapel. «Ich wollte die WM und die EM im Trikot von Italien gewinnen. Davon träumt jedes Kind.» Bei dieser Europameisterschaft ist der 22-Jährige nun ganz nah dran, sich im Finale gegen England am Sonntag (21.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) in London diesen Wunsch zu erfüllen.

«Einer der besten Torhüter der Welt»

Dass sich mit Italien eine Mannschaft, der vor dem Turnier kaum jemand etwas zugetraut hat, bis ins Endspiel dieser EM gekämpft hat, ist auch ein Verdienst von Donnarumma. Im Halbfinale gegen Spanien parierte er den entscheidenden Elfmeter, zeigte vor allem gegen Belgien im Viertelfinale einige starke Paraden und gab seinem Team stets Sicherheit. «Er ist einer der besten Torhüter der Welt», lobte ihn Ex-Nationaltrainer Antonio Conte. «Entscheidend zwischen den Pfosten, mutig beim Herauskommen und stark mit dem Ball am Fuß.»

In Italien folgt der Keeper Legenden wie Buffon oder Dino Zoff. «Ich weiß, dass italienische Torhüter vor mir Geschichte geschrieben haben, aber ich spüre keinen Druck. Ich bin stolz, in ihre Fußstapfen treten zu können», sagte Gigio, wie Donnarumma genannt wird. Mit 1169 Minuten ohne Gegentor schnappte sich die Mannschaft im Achtelfinale dieser EM schon einmal den Rekord von Zoff aus den 70er Jahren. «Rekorde sind dazu da, um geschlagen zu werden», sagte Zoff. «Er ist ein außergewöhnlicher Torhüter und gehört schon zu den Veteranen.»

Jung, aber bereits sehr erfahren

In der Tat hat Donnarumma mit seinen gerade einmal 22 Jahren schon die Erfahrung aus über 200 Serie-A-Spielen für die AC Mailand und 32 Länderspielen. Mit 16 Jahren debütierte er in Italiens höchster Liga, mit 17 folgte das erste Spiel in der Squadra Azzurra – er wurde 2016 zur Halbzeit eingewechselt für Buffon. «Unser Ziel ist es, immer zu null zu spielen», sagte Donnarumma, der im Nationaltrikot in einem Spiel bislang nie mehr als ein Gegentor hinnehmen musste.

Dass Donnarumma dennoch in Italien nicht so verehrt wird wie der große Buffon oder Zoff, hängt auch mit seinem Image zusammen. Bei der U21-EM 2017 bewarfen ihn Fans mit Dollar-Noten, weil er ein üppiges Vertragsangebot von Milan abgelehnt hatte – «Dollarumma» war geboren. Auch das Theater über den angeblich bereits vereinbarten ablösefreien Wechsel zu Paris Saint-Germain in diesem Sommer kommt bei den Fans nicht gut an. Immer involviert ist sein Berater Mino Raiola, der über seinen Schützling einst sagte: «Gigio wird stärker als Buffon werden.»

Mit 13 weg von daheim

Dass Kritik und Widerstände ihm nichts anhaben können, hat Donnarumma in seiner noch jungen Karriere schon häufiger bewiesen. Mit 13 Jahren verließ er seine Heimat Castellammare di Stabia und wechselte in das Jugend-Internat des AC Mailand. «Das war emotional, aber hart», sagte er kürzlich in einem Interview «redbull.com». «Ich bin alleine in eine neue Stadt gegangen. Mein Zuhause hat mir sehr gefehlt, ich habe morgens immer geweint. Aber am Ende habe ich es geschafft.»

Am Sonntag will sich Donnarumma nun für all die harte Arbeit und die Entbehrungen belohnen – notfalls auch wieder mit einem Sieg im Elfmeterschießen. «Wir wissen, woher wir kommen und woher ich komme», sagte er. «Ich habe immer daran geglaubt, dass sich harte Arbeit auszahlt. Wenn man mit Demut, Opferbereitschaft und Leidenschaft arbeitet, ist alles einfacher.» Die großen Träume von einst sind für ihn nun zum Greifen nah: «Jetzt fehlt noch der letzte Schritt.»

Von Miriam Schmidt, Jan Mies und Nils Bastek, dpa
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