Darf mit der Türkei weiter auf das WM-Ticket hoffen: Trainer Stefan Kuntz. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Roman Koksarov/AP/dpa)

Mit immer noch feuchten Augen und einem stolzen Lächeln berichtete der Saarländer Stefan Kuntz nach dem türkischen Nachspielzeit-Drama von nächtlichen Feiern in seiner Heimat.

«Es ist wichtig, dass die Mannschaft die Fans hinter sich hat, nicht nur in der Türkei. Ich habe aus meiner Heimatstadt gehört, dass es von türkischen Fans ein Autokorso auf den Straßen gab. Die Beziehung zwischen dem Team und den Fans heilt langsam», sagte der türkische Nationaltrainer nach dem befreienden 2:1 in Lettland in der WM-Qualifikation. Aus eigener Kraft können es die Türken zwar nicht mehr nach Katar schaffen, aber eine kleine Chance bleibt ihnen.

Später Siegtreffer sorgt für Tränen

Und diese, am Leben gehalten durch den verwandelten Foulelfmeter von Burak Yilmaz in neunten Minute der Nachspielzeit, hatte Kuntz schon kurz nach dem Schlusspfiff die Tränen in die Augen getrieben. Immer wieder griff er sich ins Gesicht, zog seinen Kopf tief in die schwarze Jacke, als wolle er mit seinen Gefühlen gerade lieber allein sein. Aus den verbleibenden zwei Spielen gegen Gibraltar und in Montenegro braucht die Türkei nun zwei Siege und muss zudem auf einen Patzer der Norweger am letzten Spieltag in den Niederlanden hoffen.

Die Fans und die Medien weiß Kuntz nach dieser emotionalen Nacht von Riga für das Finale der Qualifikation auf seiner Seite. Wurde der 58-Jährige nach dem 1:1 gegen Norwegen noch teilweise verhöhnt («Die deutsche Impfung hat nicht gewirkt»), so wurde nun ein gemäßigter Ton angeschlagen. «Kuntz braucht Zeit und Geduld. In nur zwei Spielen hätte er dennoch die Aufstellung, die Spielerauswahl, die Spielzüge verändern und seinen Unterschied zeigen können», hieß es in der Sportzeitung «Fotomac».

«Fußballglück war auf unserer Seite»

Die Tageszeitung «Takvim» kritisierte zwar, dass die Mannschaft kein System habe, befand aber: «Das Fußballglück war auf unserer Seite.» Es ging natürlich auch noch mit ein wenig mehr Pathos. «Wir haben schlecht gespielt, wir können sagen, wir sind gestorben und wieder auferstanden», schrieb ein Kolumnist der Tageszeitung «Sabah».

Dabei musste Kuntz‘ Mannschaft gar nicht auferstehen. «Nach dem Gegentor haben die Spieler nicht für eine Sekunde die Köpfe hängenlassen. Sie haben an sich geglaubt und deshalb bin ich stolz», sagte der Europameister von 1996. In den vergangenen Tagen habe er gesehen, wie das Team zusammenwachse. Man brauche diesen Teamgeist unbedingt.

Und ein wenig Hilfe aus dem Videokeller. Denn der schwedische Referee Andreas Ekberg wurde erst auf Hinweis des deutschen Videoschiedsrichters Daniel Siebert an den VAR-Bildschirm geholt. Schließlich gab er den Strafstoß, den Yilmaz straff in der linken Ecke versenkte. «Es waren nicht nur drei Punkte, es war auch wichtig für die Mentalität», sagte Kuntz.

Von Tom Bachmann und Mirjam Schmitt, dpa
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