Kann den Freiburger Einspruch nicht nachvollziehen: Bayern-Coach Julian Nagelsmann. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Balk/dpa)

Kaum Aussichten auf Erfolg oder eine schnelle Entscheidung, dafür satte Kritik von Bayern Münchens Trainer Julian Nagelsmann.

Der Wechselfehler des Rekordmeisters und der zwei Tage später folgende Protest des unterlegenen SC Freiburg bleibt das Diskussionsthema der Fußball-Bundesliga und könnte das Rennen um die Qualifikation zur Champions League und Europa League noch spannender machen. Denn bei einem juristischen Erfolg der Freiburger würden die Teams hinter dem enteilten Spitzenreiter Bayern wieder enger zusammenrücken.

Kritik von Nagelsmann

«Ich weiß nicht, ob du dir auf die Schulter klopfen kannst, solltest du international spielen aufgrund von drei Punkten, die du sportlich de facto nicht gewonnen hast. Ich wäre da nicht so glücklich. Deswegen hätte ich dem Verein klar kommuniziert, dass wir nicht Einspruch einlegen», sagte Nagelsmann. «Ich persönlich hätte es nicht gemacht, weil ich finde, dass du den Fehler eines Dritten ausnutzt, um vielleicht zu Punkten zu kommen, weil der Druck der Fans oder der Sponsoren so groß wird.»

Die größten Konsequenzen hätte eine Rechtssprechung pro Freiburg für Nagelsmanns Ex-Club RB Leipzig. Zwar würden die Sachsen weiterhin vor den Breisgauern auf Platz vier liegen, der durch den Sieg bei Borussia Dortmund erspielte Vorsprung von drei Punkten wäre allerdings dahin. Auch die TSG 1899 Hoffenheim, aktuell einen Punkt hinter Freiburg, müsste dann vier Zähler aufholen. «Es ist nicht an uns, das Thema zu kommentieren. Der Fall liegt in den Händen der unabhängigen Sportgerichtsbarkeit, die diesen Fall entscheiden muss», sagte ein Clubsprecher Hoffenheims am Dienstag. Leipzig wollte sich auf dpa-Anfrage nicht äußern.

Wohl nur geringe Erfolgsaussichten

Man dürfte bei den betreffenden Clubs ohnehin gelassen sein. Denn die Erfolgsaussichten des Einspruchs gegen die Wertung des 1:4 schätzen mit dem Verfahren vertraute Experten nach dpa-Informationen als «außerordentlich» gering ein. Der Schwerpunkt des Verschuldens beim Wechselfehler der Münchner liege bei den Schiedsrichtern, wofür nicht der Bundesligist bestraft werden könne. Der beantragte Wechsel der Münchner sei völlig legal gewesen. Zudem passierte nichts Spielentscheidendes.

Freiburg hatte Protest gegen die Wertung eingelegt, da man formal in der aktiven Rolle sei, die Vorgänge rechtlich überprüfen zu lassen. Die Bayern waren kurz vor dem Ende beim Stand von 3:1 für wenige Sekunden mit zwölf Spielern auf dem Platz, ehe Schiedsrichter Christian Dingert die Begegnung unterbrach. Eine Entscheidung muss nicht zwingend vor dem nächsten Spieltag fallen, da der zeitliche Rahmen nach dpa-Informationen davon abhängt, wie sich die Beteiligten in das Verfahren einbringen.

Der Fall liegt nun in der Zuständigkeit des Sportgerichts des Deutschen Fußball-Bundes. Dort liegt unterdessen die juristische Begründung des SC Freiburg vor. Nun gelte das laufende Verfahren, sagte ein Sprecher des Vereins der dpa.

Im deutschen Fußball gab es einige Wechselfehler, die erfolgreich zu Spielumwertungen geführt haben. Zum Beispiel wechselte Bayern Münchens Trainer Giovanni Trapattoni am 15. April 1995 bei Eintracht Frankfurt den späteren Nationalspieler Dietmar Hamann als vierten Vertragsamateur ein, erlaubt waren aber nur drei. Das 5:2 der Bayern wurde annulliert und das Spiel ging mit 2:0 an die Frankfurter.

Der letzte folgenschwere Fauxpas passierte dem VfL Wolfsburg in der Saison 2021/2022. Im Pokal-Erstrundenspiel am 8. August 2021 bei Preußen Münster unter der Leitung von Referee Dingert wechselte Coach Mark van Bommel sechs Spieler ein statt der erlaubten fünf. Zwar gewannen die Niedersachsen 3:1 nach Verlängerung, aber Münster legte erfolgreich Einspruch ein und zog nach einer 2:0-Wertung für Preußen in die nächste Runde ein.

Von Sandra Degenhardt, Klaus Bergmann und Tom Bachmann, dpa
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