Mönchengladbachs Torhüter Yann Sommer klärt vor Bayerns Thomas Müller und Alphonso Davies. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Julian Nagelsmann griff erst einmal zur Wasserflasche, zufrieden wirkte der neue Trainer des FC Bayern nach dem verpassten Debütsieg überhaupt nicht.

Beim 1:1 (1:1) des Titelverteidigers beim Angstgegner Borussia Mönchengladbach zur teils spektakulären Eröffnung der 59. Bundesligasaison war mehr drin für die Münchner. Der überragende Gladbacher Torwart Yann Sommer trieb die von Nagelsmann zu «Offensivmonstern» erklärten Bayern-Angreifer mit seinen Paraden schier zur Verzweiflung. «Zufrieden ist man nie, wenn man nicht gewinnt. Am Ende muss man mit dem Punkt leben», sagte Nagelsmann.

Die Gladbacher haderten nach dem Schlusspfiff dagegen mit Schiedsrichter Marco Fritz. «Das ist ein Elfmeter für mich, er zieht ihn oben, er trifft ihn unten», sagte Lars Stindl bei DAZN zu einer der beiden fraglichen Szenen in der Schlussphase, in denen Fritz eben nicht auf Strafstoß für die Gastgeber entschieden hatte. «Aber wir müssen damit umgehen, es ist hart.» Der neue Gladbach-Trainer Adi Hütter sagte bei Sat.1, «jammern» helfe wenig.

Vor 22.925 begeisterten Zuschauern im unter Corona-Bedingungen ausverkauften Borussia-Park hatten Alassane Plea (10. Minute) für die Gladbacher und Weltfußballer Robert Lewandowski (42.) für die Bayern getroffen.

Schweizer Schlussmann überragend

«Schwierige Frage, ob wir zufrieden sind. Das, was wir gespielt haben, war kein perfekter Fußball mit vielen Fehler», sagte Lewandowski bei Sat.1. Jetzt müsse die Mannschaft «nach vorne schauen». In Gladbach sei «es nicht leicht zu spielen, die Stimmung war richtig geil», sagte der Torschütze. «Wir müssen viele Sachen noch besser machen.» Nagelsmann sprach von «einem gerechten Unentschieden».

Angetrieben von den zurückkehrten Fans hatten die Gladbacher stark losgelegt. Gegen die sichtbar noch unsortierten Bayern mit neu formierter Abwehr waren die Gastgeber zunächst spielbestimmend. Nachdem Patrick Herrmann in seinem 300. Bundesligaspiel nur ganz knapp am Tor von Nationaltorwart Manuel Neuer vorbei geschossen hatte (3.), nutzte die Borussia einen Fehler von Alphonso Davies eiskalt aus. Den schnell in die Spitze gespielten Ball leitete Kapitän Lars Stindl auf Plea weiter, der die Zuschauer mit seinem Treffer laut jubeln ließ.

Fans sorgen für Stimmung

Die Fans sorgten im ersten Flutlichtspiel vor Zuschauern nach über einem Jahr Corona-Frust für Gänsehaut-Atmosphäre. Auf der Tribüne saß auch der neue Bundestrainer Hansi Flick. Lauter als bei manch ausverkauftem Borussia-Spiel der Vergangenheit feierten die Anhänger ihre Mannschaften und sich selbst.

Nagelsmann dagegen war der Frust nach Pleas frühem Tor deutlich anzusehen. Der Neu-Bayer musste in Benjamin Pavard und Lucas Hernández auf zwei potenzielle Stammspieler in Defensive verzichten, so dass Josip Stanisic aus dem Regionalliga-Kader die Chance auf der großen Bühne bekam. Mit Niklas Süle, Neuzugang Dayot Upamecano und Davies bildete der 21-Jährige die – zu Beginn – wackelige Viererkette.

«Wir wissen nicht genau, wo wir stehen, aber die Spieler sind erfahren genug, um mit so einer Situation umzugehen», hatte der neue Bayern-Vorstand Oliver Kahn vor dem Anpfiff bei Sat.1 gesagt. Einer der Erfahrensten, Deutschlands Fußballer des Jahres Lewandowski, prüfte Sommer kurz nach dem Rückstand (14.) und in der 26. Minute. Beim zweiten Versuch, als Sommer nur mit etwas Glück noch den Fuß in den Schuss bekam, schlug Nagelsmann beide Hände über dem Kopf zusammen.

Offensiver Fußball beider Mannschaften

Die Münchnern ließen in dieser Phase die Dominanz der vergangenen Saison aufblitzen und wurden bei allerdings anhaltenden leichten Fehlern besser. Auch gegen Stanisic, der sich immer wieder offensiv einschaltete, musste Sommer retten (37.). Gegen die Direktabnahme von Lewandowski nach einer Ecke von Joshua Kimmich war der Schweizer dann machtlos. Der Pole, der in der vergangenen Saison 41 Treffer erzielte hatte, war zum siebten Mal in Folge am ersten Spieltag erfolgreich. Rekord ausgebaut.

Diesen Stimmungsdämpfer mussten die Gladbacher, die in den vergangenen zehn Jahren von allen Bundesliga-Teams die meisten Punkte gegen die Bayern geholt hatten (27), in der Pause erst einmal verkraften. Die gute Bilanz von zuletzt vier gewonnen Hinrunden-Duellen wackelte gehörig. Der von Eintracht Frankfurt gekommene Hütter, der mit den Hessen auch schon gegen die Bayern gewonnen hatte, musste am Freitagabend auf insgesamt fünf Profis verzichten.

Die Bayern bauten mit zunehmender Spieldauer mehr Druck auf. Über die Flanken, die zwischenzeitlich immer mal wieder auch Thomas Müller besetzte, suchte der Rekordmeister Lewandowski in der Mitte. Der Hütter-Elf vom Niederrhein ging dagegen der Elan der ersten halben Stunde ein wenig verloren. Mit schnellem, direkten Spiel gelang es seltener, die Bayern-Abwehr zu überlisten. Hütter schickte sein Team immer wieder mit lautstarken Anweisungen nach vorne.

Im Mittelpunkt stand zum Leidwesen von Hütter und der Gladbacher Fans aber immer wieder Sommer, der gegen Davies (58.) und Lewandowski (60.) stark parierte und sein Team noch im Spiel hielt. Hütter reagierte und brachte Jonas Hofmann für Herrmann und Marcus Thuram für Plea (64.). Das Spiel wurde wieder offener. Stindl prüfte Neuer nach schneller Balleroberung (70.), Thuram verpasste eine gute Hereingabe nur um Zentimeter (77.).

Von Carsten Lappe, Morten Ritter und Jan Mies, dpa
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