Bayern-Trainer Julian Nagelsmann (l) gratuliert Robert Lewandowski zum dessen drei Treffern. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

Auf dem Weg vor die jubelnde Fankurve konnte sich Robert Lewandowski noch einmal genüsslich seine drei Tore ansehen, die gerade oben über die riesige Videowand flimmerten.

In seinem 100. Champions-League-Spiel dokumentierte der Weltfußballer gegen Benfica Lissabon beim 5:2-Sturmlauf des FC Bayern ins Achtelfinale seine Extraklasse mit den Toren 79 bis 81. Der Quoten-König überbot sogar die Weltstars Lionel Messi (75 Treffer) und Cristiano Ronaldo (64), die in ihren ersten 100 Königsklassen-Partien seltener trafen.

«Man of the Match» verschießt Elfer

Ganz zufrieden verließ der Jubilar die Allianz Arena dennoch nicht. Erstmals verschoss Lewandowski in der Champions League einen Elfmeter im Bayern-Trikot. Und so verpasste er seinen möglichen dritten Viererpack in Europas Eliteliga. «Ob das ein perfekter Abend war, weiß ich nicht, weil ich einen Elfmeter verschossen habe. Zum Glück haben wir noch ein paar Tore gemacht, ich auch», sagte er.

Am wichtigsten war dem «Man of the Match» aber, dass die Münchner Angriffsmaschine eine Woche nach dem Pokal-Desaster in Gladbach und vor dem Bundesliga-Topspiel am Samstag gegen den ungeschlagenen Tabellendritten SC Freiburg wieder auf Hochtouren läuft.

Bayern-Coach nach Corona-Isolation wieder da

Julian Nagelsmann sprach nach seinem Stadion-Comeback sogar vom besten Bayern-Spiel in dieser Königsklassen-Saison – «mit kleinen Makeln». Damit meinte er die erneut zwei Gegentore. «Es hat Spaß gemacht, den Jungs zuzuschauen», frohlockte der Coach nach zwei Wochen in häuslicher Corona-Isolation: «Wir waren unglaublich aktiv, waren sehr spielfreudig mit herausragenden Einzelspielern.»

Nach vier Siegen und 17:2 Toren nahm Nagelsmann die Favoritenrolle in Europa selbstbewusst an. «Ich weiß nicht, ob man das tun muss, etwas von sich weisen», sagte der ehrgeizige Coach. Die Beweisführung müssen die Bayern erst 2022 in der K.o.-Phase antreten. «Es ist bis jetzt eine sehr gute Champions-League-Saison. Wenn wir es bestätigen, werden wir weit kommen können», sagte Nagelsmann.

Offensive Bayern-Wucht

Die enorme Offensiv-Wucht mit Frontmann Lewandowski, den in seiner neuen Zentrumsposition aufdrehenden Fußball-Künstler Leroy Sané und weitere Einzelkönner wie Kingsley Coman, Serge Gnabry, Juwel Jamal Musiala sowie den gegen Benfica lange geschonten Anführer Thomas Müller erlaubt Titelträume. Die Defensivmängel aber sind gerade in K.o.-Partien ein echter Gefahrenherd – siehe Pokal-Aus in Gladbach.

Nagelsmann geht ins Risiko. Er will aktives Entertainment. «Wir wählen mit Bayern schon einen Ansatz, der unglaublich offensiv ist. Wir haben eigentlich sechs Offensivspieler auf dem Feld, teilweise sieben», schilderte der Coach: «Viel mehr kann ich nicht auf den Acker packen, damit es noch einigermaßen eine Balance hat.»

Größter Erfolgsgarant bleibt Lewandowski. Der Torausstoß des Polen ist schon wieder unglaublich. Acht Mal traf der 33-Jährige in vier Champions-League-Spielen, zwölf Mal in zehn Bundesligapartien.

Ende von Lewandowskis Erfolgsstory nicht in Sicht

«Ich habe nie geglaubt, dass ich so viele Spiele in der Champions League machen kann – und so viele Tore und Vorlagen», sagte er am Ende eines großen Jubiläumsabends. «98 Scorerpunkte und 81 Tore in 100 Spielen sind eine beeindruckende Quote. Jetzt peilen wir die 100 Tore an», verkündete Nagelsmann. Einen Vergleich der Topschützen der Champions League – Ronaldo (139 Tore), Messi (123), Lewandowski (81) – vermied der Coach, «weil es unterschiedliche Spielertypen sind». Aber alle drei seien «sehr prägende Fußballfiguren».

Lewandowski ist mit 33 Jahren der Jüngste des Trios. Und ein Ende seiner Torstory ist nicht in Sicht. «Ich traue Lewy zu, dass er noch bis ins deutlich höhere Alter erfolgreich ist. Er bleibt noch ein bisschen länger der beste Stürmer der Welt, weil er alles dafür tut, um das weiter zu bestätigen», sagte Nagelsmann. 2023 endet sein Vertrag. Eine weitere Verlängerung muss aus Bayern-Sicht das Ziel sein, auch wenn der 21 Jahre junge Dortmunder Erling Haaland immer mal wieder in München als Nachfolger ins Gespräch gebracht wird.

«Ich bin Lewandowski. Ich denke an mich selbst», sagte Bayerns Kanonier der Gegenwart bei Prime Video angesprochen auf Haaland. «Lewy weiß, dass viel geschrieben wird», sagte Nagelsmann. Er glaubt aber, «dass es dem Lewy relativ egal ist, was den eigenen Anspruch angeht. Er will einfach immer der Beste sein.» Er glaube nicht, dass ihn die Haaland-Gerüchte «anstacheln». Torgigant Lewandowski stacheln vor allem Tore, Titel mit der Mannschaft und persönliche Trophäen an.

Von Klaus Bergmann, dpa
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