Frankfurts Cheftrainer Oliver Glasner (l) und Ex-Eintracht-Coach Adi Hütter. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Im feinen hellblauen Hemd lächelte Adi Hütter etwas verschmitzt – aber auch gequält.

Der Cheftrainer von Borussia Mönchengladbach wurde direkt damit konfrontiert, was er davon halte, dass sein Ex-Club Eintracht Frankfurt ins Europa-League-Endspiel eingezogen ist – und dieses nun nicht mehr mit ihm, sondern mit Nachfolger und Landsmann Oliver Glasner bestreiten darf. «Was glauben Sie, was ich mir denke», sagte Hütter, der nachdenklich wirkte, dem hessischen Club um Vorstand Axel Hellmann aber auch ausdrücklich zu dem Erfolg gratulierte.

Die XXL-Trainerrochade des Vorsommers war ein Novum in der Bundesliga und gerade die Wechsel in Frankfurt und Gladbach dokumentieren, wie es laufen kann. Hütter hatte die Eintracht im Unfrieden verlassen, nachdem die letzten Spiele nach der Verkündung des Wechsels gewaltig schiefgelaufen waren. In Gladbach sollte er als Nachfolger des nach Dortmund abgewanderten Marco Rose eine neue Ära einleiten. Glasner hingegen musste wiederholt beantworten, warum er Wolfsburg als Champions-League-Club verlässt und stattdessen in die Europa League wechselt.

Nun hatten Hütter und Rose, die eigentlich einen Karriereaufstieg geplant hatten, eine besonders schwere Saison – und Glasner kann am 18. Mai in Sevilla gegen die Glasgow Rangers mit seinem neuen Club den ersten deutschen Europa-League-Titel überhaupt einfahren. Kollege Hütter, der sich mit der Frankfurter Vereinsführung in der Vorwoche ausgesprochen und versöhnt hat, drückt dafür ausdrücklich die Daumen. «Das sind schon viele tolle Momente. Da kann man nur stolz sein. Ich wünsche, dass der Pokal an den Main geht», sagte der Österreicher.

Meister und Vize nicht genug?

Tabellarisch haben Julian Nagelsmann beim FC Bayern sowie Rose in Dortmund alles richtig gemacht, doch an diesen beiden Standorten sind die Ansprüche eben auch besonders hoch. «Ich weiß, dass ich Dinge besser machen kann, als ich es getan habe», räumte Nagelsmann unumwunden ein. Es sei nicht leicht gewesen, auf Hansi Flick und dessen «große Fußstapfen» zu folgen. Flick hatte mit den Münchnern in der Saison 2019/20 das Triple gewonnen und danach weitere Titel in den nationalen und internationalen Supercups folgen lassen.

Nagelsmann, der von RB Leipzig kam, hat dagegen «nur» die Meisterserie fortgesetzt und sich in den Pokalwettbewerben größere Ausrutscher erlaubt. Ein 0:5 im Pokal gegen Gladbach und ein Aus gegen Villarreal in der Champions League entspricht nicht den hohen Zielen des Bundesliga-Abosiegers. «Das ist für Bayern München, glaube ich, nicht ausreichend», gestand der 34 Jahre alte Nagelsmann.

Auch Rose wurde weniger die Bundesliga-Leistung angekreidet. Das Aus in gleich drei Pokalwettbewerben (DFB-Pokal, Champions und Europa League) hinterließ Spuren, zudem trüben 51 Bundesliga-Gegentore das Gesamtbild. Der künftige Sportdirektor Sebastian Kehl sagte am vergangenen Wochenende, dass Rose «Stand heute» Trainer bleiben werde. Tags darauf korrigierte sich Kehl und stellte klar, dass man gemeinsam die kommende Saison plane.

Stabilität in Leverkusen

Auch Leverkusen und Leipzig waren Teil der Trainerrochade. Die Sachsen mussten den nach München abgewanderten Nagelsmann ersetzen und taten dies mit Jesse Marsch. Da sich unter dem Amerikaner kein Erfolg einstellte, kam während der Saison Domenico Tedesco, mit dem die Siege zurückkehrten. Leipzig kann im DFB-Pokal den ersten Titel der Vereinsgeschichte gewinnen, verpasste zudem nur knapp das Endspiel der Europa League. Stabilität brachte der Wechsel von Bayer Leverkusen. Die Werkself setzte nach Peter Bosz und Hannes Wolf auf Gerardo Seoane und ist ungefährdet in die Königsklasse eingezogen. Die Ausbeute in den Pokalwettbewerben war aber durchwachsen.

Wenige Wechsel in der aktuellen Spielzeit

Was das Roulette im Sommer 2021 in jedem Fall bewirkt hat: Weniger Unruhe und Trainerwechsel in der aktuellen Spielzeit, in der nur Bielefeld, Leipzig, Wolfsburg (Florian Kohfeldt für Glasners Nachfolger Mark van Bommel) und zweimal Hertha den Übungsleiter ausgetauscht haben.

Die Vereine haben ihre Neuverpflichtungen langfristig gebunden, sodass in diesem Sommer keine weitere große Rochade auf dem Programm steht. Rose beim BVB, zeitweise auch Glasner in Frankfurt und vor allem Hütter in Gladbach waren nicht zu jeder Zeit unumstritten, doch die frischen Verpflichtungen gepaart mit hohen Ablösesummen und langen Verträgen hielten die Clubs davon ab, schnell drastische Maßnahmen zu ergreifen.

Von Patrick Reichardt, dpa
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