Noch immer muss Kevin-Prince Boateng seine besondere Rolle bei Hertha BSC erklären.
«Ich bin nicht hergekommen, um Messi oder Ronaldo zu sein. Ich probiere alles, ich gebe Vollgas und gehe an meine Grenzen», sagte der 34-Jährige. In der Fußball-Bundesliga könne er längst nicht mehr «jedes Spiel alleine gewinnen», immer Tore und Vorlagen geben, sagte er und ergänzte: «Das wusste ich vorher, das wusste der Verein vorher.» Vielleicht spiele er «diese Saison kein Spiel 90 Minuten, vielleicht die nächsten zehn», sagte der gebürtige Berliner vor einem auch für ihn besonderen Duell.
Pokalsieger 2018
Wenn die Hertha am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Eintracht Frankfurt antritt, würde der Routinier nur zu gerne auf dem Rasen stehen. 2018 holte er mit den Hessen den DFB-Pokal, wurde mit seiner Art schnell zum Fan-Liebling. «Ich freue mich drauf, ich hoffe, ich werde gut empfangen», sagte Boateng: «Das ist ein Spiel, das wir gewinnen müssen, das wir gewinnen wollen. Da wird es keine Freunde geben.»
Der Druck auf den Hauptstadtclub ist schon enorm. Sechs Punkte aus sieben Spielen, nur zwei Siege – das ist zu wenig für die hohen Ansprüche des «Big City Club». Als Anführer geht Boateng zwar in der Kabine voran, kann das im Spiel aber nicht mehr wie zu besten Zeiten. Nur 237 von 630 möglichen Bundesliga-Minuten wurde er von Trainer Pal Dardai bislang eingesetzt. Ob er in Frankfurt vielleicht sogar in der Startelf steht, ließ der Ungar zunächst offen. «Wir werden das noch entscheiden. Egal was er macht, er hilft uns», lobte Dardai.
Kommunikator Boateng ist wichtig für das Teamgefüge, Ansprechpartner für die jungen Profis und nach eigener Aussage von allen akzeptiert. «Ich weiß, die Jungs lieben mich, sie stehen hinter mir und folgen mir», sagte der ehemalige ghanaische Nationalspieler selbstbewusst: «Ich hab das extra angesprochen: Falls jemand es nicht so sieht, kann er immer gerne mit mir sprechen.»
Schlechter Start ärgert Boateng
Der schlechte Start ärgert Boateng. Von seiner alten Heimat, die er 2007 verließ und nun zurückkam, habe er deswegen auch noch nicht viel gesehen. «Man will nicht so oft vor die Tür gehen, wenn man am Wochenende nicht gewinnt», sagte er, bereut den Schritt zu seinem Jugendclub aber nicht: «Ich wollte unbedingt nach Hause. Es läuft nicht unbedingt so, wie man es will. Wir sind alle nicht glücklich.»
Das gilt auch für Fredi Bobic, für den Herthas Platz im Keller nur «eine Momentaufnahme» ist. Auch Herthas Sport-Geschäftsführer war 2018 dabei, als die Eintracht den DFB-Pokal gewann. Im Sommer verließ er Frankfurt mit einigen Störgeräuschen und wechselte an die Spree. Dafür wurde sein eigentlich noch bis 2023 laufender Vertrag in Hessen aufgelöst. «Nach fünf tollen Jahren ist das emotional etwas Schönes. Ich bin sicher nicht voller Nervosität», sagte Bobic vor der erstmaligen Rückkehr in die Main-Metropole. Er hofft auf das «richtige Ergebnis» für sein Team und ergänzte: «Ich freue mich einfach drauf, auch persönlich nach Frankfurt zurückzukommen.»
Frankfurt gewann vor der Länderspielpause 2:1 bei Rekordmeister Bayern München, Hertha verlor zu Hause gegen Freiburg und bekam Ende September zuvor noch eine 0:6-Klatsche bei RB Leipzig. «Das ist eine Mannschaft, die mit den Namen ihrer Spieler eine sehr, sehr gute Bundesliga-Mannschaft darstellt», sagte Eintracht-Trainer Oliver Glasner über die Berliner. Und trotzdem stecken sie nach dem knapp vermiedenen Abstieg im Vorjahr schon wieder früh in der Krise.