Die Kölner um Torschütze Florian Kainz (r) feierten einen Heimsieg gegen den BVB. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Nico Schlotterbeck stieß beim Gang in die Kabine einen lauten Fluch aus, Jude Bellingham warf frustriert seine Jacke durch die Katakomben: Der Frust saß tief bei Borussia Dortmund.

Eine Woche vor dem Liga-Hit gegen den FC Bayern München verschenkte der BVB beim 2:3 (1:0) beim 1. FC Köln die Tabellenführung und geht statt mit drei Punkten Vorsprung nun punktgleich und mit der deutlich schlechteren Tordifferenz in das Duell mit dem ewigen Rivalen am kommenden Samstag in Dortmund.

Auf die Frage, ob das die Euphorie vor dem Knaller nun bremse, antwortete Trainer Edin Terzic: «Wir treten selber auf die Euphoriebremse – genau wegen Spielen wie heute. Es tritt wiederholt auf, dass wir Spiele, die wir komplett kontrollieren, einfach weggeben.» Bei der Suche nach Ursachen ist man schnell wieder beim in Dortmunder Tabu-Wort der Mentalität.

Terzic unzufrieden

Doch um nichts anderes geht es, wenn Terzic feststellen muss: «Wir waren in den ersten 15, 20 Minuten der zweiten Halbzeit nicht bereit, Zweikampfhärte zu zeigen. Wenn man sieht, wie wir die Zweikämpfe geführt haben, dann darf man sich nicht wundern.» Florian Kainz (53.), der Ex-Dortmunder Steffen Tigges (56.) und Dejan Ljubicic (71.) drehten das Spiel, ehe ein Eigentor von Benno Schmitz den BVB nochmal heranbrachte (78.).

Ähnlich kritische Worte wie der Trainer wählte Alex Meyer. «Unser Auftreten nach der Halbzeit geht gar nicht», schimpfte der Torhüter: «Es fehlte, dass wir als Team zusammen dagegenhalten. So holt man keine Punkte. Man muss sich dagegenstemmen, auch Körpersprache zeigen.» Der Grund sei, «dass viele mit sich selbst beschäftigt sind». Unfreiwillig bestätigte dies auch Julian Brandt, der Torschütze des 1:0 (31.). «Da habe ich nicht drauf geachtet. Ich war natürlich erst mal mit meiner Leistung beschäftigt», sagte er: «Ob da welche verkopft waren – das kann sein. Alex hat das besser im Blick, weil er alle vor sich hatte.»

Doch durch die Blume stieß auch Brandt in dieselbe Kerbe. Nach der guten ersten Halbzeit «lässt man automatisch ein, zwei Prozentpunkte nach. Und das ist das Schlimmste, was du in Köln machen kannst. Dann hat man gesehen, dass Widerstände gekommen sind und dass man dafür nicht bereit war.»

Köln feiert

Die Kölner feierten den Überraschungs-Coup, durch den sie bis auf zwei Zähler an den BVB heranrückten, dagegen ausgelassen. Trainer Steffen Baumgart ließ nach dem Schlusspfiff vor Freude einen Urschrei mit in die Luft gereckten Fäusten los. Noch eine Stunde nach Spielende erklang aus der Kölner Kabine laute Karnevalsmusik. «Es hat die Mannschaft gewonnen, die einen Tick mehr reingehauen hat», sagte Baumgart: «Wenn man so ein Spiel nicht als Fußball-Fest feiert, dann kannst du aufhören.»

Einer, dem trotz eines Faibles für den FC nicht nach Feiern zumute war, war Anthony Modeste. Der im Sommer von Köln nach Dortmund gewechselte Stürmer blieb auch bei der von lauten Pfiffen begleiteten Rückkehr an die alte Jubelstätte glücklos. Brandt bestätigte, dass beide Seiten in der Spielweise noch miteinander fremdeln beziehungsweise erst dabei sind, aufeinander zuzugehen. «Es war nie der Spielstil von Borussia Dortmund, sich über Flanken zu definieren. Aber das ist ein gegenseitiges Entgegenkommen», sagte er. Bei Modeste müsse der Knoten «einmal richtig platzen. Jetzt in Negativität zu verfallen, wäre das Schlechteste, was du machen kannst.»

Holger Schmidt, dpa
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