Hat mit Leipzig noch eine Rechnung zu begleichen: Bayern-Coach Thomas Tuchel. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

1:3 und 0:3. «Das bohrt natürlich», gestand Bayern-Trainer Thomas Tuchel vor der nächsten Kraftprobe des deutschen Serienmeisters mit Jäger RB Leipzig im Topspiel der Fußball-Bundesliga.

Also Revanche? Oder sogar Rache? «Nein», das seien «keine Vokabeln», die nach den noch recht frischen Niederlagen bei den vorigen zwei Duellen in seinem Kopf herumspuken, wie Tuchel einen Tag vor der Patie betonte.

Großartig heißmachen muss der 50-Jährige sein Ensemble um Anführer Harry Kane vor dem Anpfiff am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) allerdings nicht. Trotzdem lautet die Frage beim Wiedersehen in der Red Bull Arena: Sind die Leipziger der neue Angstgegner der Bayern? Oder waren die jüngsten Erfolge der Sachsen im Liga-Endspurt der Vorsaison und im Supercup zum Start in die aktuelle Spielzeit, die Tuchel und seinen Spielern noch dazu im eigenen Stadion richtig «wehgetan haben», doch nur böse Ausrutscher?

Einiges passiert in sieben Wochen

Sieben Wochen sind seit dem 0:3-Hammer im Supercup vergangen. Sieben Wochen, in denen sich jedoch einiges verändert hat, gerade bei den Tuchel-Bayern. Die Niederlage beim missglückten Kurzdebüt von Rekord-Einkauf Kane wirkte in München wie ein Weckruf. 

Das Team zeigte im Anschluss eine Reaktion. «Es scheint mir, dass die Mannschaft verstanden hat, welchen Fußball Tuchel spielen will», sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus der Deutschen Presse-Agentur. Tuchel habe eine «Stammmannschaft» gefunden, und das Team damit den Rhythmus. Darum ist für Matthäus im Topspiel «Bayern Favorit».

Leipzig fehlt zudem der dreifache Supercup-Torschütze Dani Olmo verletzt, während die Bayern offensiv mit einem inzwischen bestens integrierten und als Fließband-Torschütze glänzenden Torjäger Kane auftrumpfen. Hinzu kommt, dass im Abwehrzentrum anders als beim lockeren Pokalsieg in Münster in Minjae Kim und Dayot Upamecano zwei Spezialisten auflaufen können. Das Innenverteidiger-Duo ist ebenso wie Routinier Thomas Müller wieder einsatzfähig. Jedenfalls ging Tuchels «Tendenz» vor dem Abschlusstraining klar dahin. 

«Ein bisschen was geraderücken»

«Wir wollen ein bisschen was geraderücken», kündigte Nationalspieler Leon Goretzka entschlossen an: «Wir werden motiviert sein, wir wollen weitermarschieren!» Und so einen Titelkonkurrenten auf vier Punkte distanzieren. «Wir haben eine gute Phase nach dem Supercup eingeleitet. Die gilt es jetzt zu bestätigen. Stimmung ist gut, Mentalität ist da, wir haben die Ergebnisse – der Zeitpunkt ist gekommen, um den Spieß umzudrehen», verkündete Tuchel kämpferisch. 

Allerdings äußerte der Bayern-Coach auch höchste Wertschätzung für den Gegner. «Leipzig hat den Umbruch bemerkenswert gut geschafft», lobte Tuchel mit Blick auf die personellen Veränderungen im Sommer und neue Offensiv-Asse wie Lois Openda, Xavi Simons oder Benjamin Sesko. «Leipzig hat viel Speed. Und sie sind als Kollektiv sehr gefährlich.»

Leipzig-Coach Rose wiederum sprach am Freitag ausführlich über den Kane-Faktor im Bayern-Spiel. Sieben Tore und drei Assists stehen für den englischen Topstürmer nach fünf Spieltagen in der Statistik. «Er weiß natürlich, wo das Tor steht», äußerte Rose über den «mitspielenden Stürmer» Kane, «der dem FC Bayern eine Menge Halt und Stabilität» gebe.

Auch Nagelsmann vor Ort

Natürlich wird auch der neue Bundestrainer Julian Nagelsmann in Leipzig auf der Tribüne sitzen, um die Kraftprobe seiner beiden Ex-Clubs mit etlichen Länderspiel-Kandidaten vor seiner ersten Kadernominierung in der kommenden Woche zu beobachten. Neben Bayern-Stürmer Serge Gnabry (Armbruch) wird Nagelsmann allerdings auch Timo Werner nicht auf dem Platz sehen. Der Leipziger Angreifer fällt mit anhaltenden Rückenproblemen aus. «Es ist so eine Art Hexenschuss», klärte Rose auf. Nagelsmann wird’s vermutlich ärgern.

Rose sprach vor seinem 50. Pflichtspiel als RB-Coach trotz der jüngsten Siege gegen die Bayern und trotz des Heimvorteils eher aus der Position des Herausforderers. Das «tolle Spiel» werde «eine knackige Aufgabe», sagte der 47-Jährige. Der Supercup spiegelt für ihn nicht mehr die Gegenwart wider: «Gewisse Strukturen im Spiel der Bayern haben sich nicht verändert. Aber es ist ein anderer Drive drin, mehr Sauberkeit, mehr Rhythmus. Da haben die Bayern große Schritte nach vorn gemacht.» An Roses grundsätzlichem Anspruch ändert das freilich nichts: «Wir gehen immer raus, um zu gewinnen!» 

Von Klaus Bergmann, Tom Bachmann, Martin Moravec und Nils Bastek, dpa
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