So hatte sich Josuha Guilavogui seinen Abschied vom VfL Wolfsburg nicht vorgestellt. Minutenlang stand der Franzose nach seinem letzten Spiel für die Niedersachsen auf dem Zaun der Nordtribüne und wurde von den Fans gefeiert.
Doch statt mit der greifbar nahen Rückkehr in einen Europapokal-Wettbewerb endete seine Bundesliga-Karriere am späten Samstagnachmittag mit der wohl größten Enttäuschung seiner neun Wolfsburger Jahre.
«Ich komme heute ins Stadion mit meinen Kindern, bekomme ein Geschenk, trage die Binde von Maximilian Arnold und wir schießen nach ein, zwei Minuten ein Tor», sagte Guilavogui. Das alles «war mehr als perfekt. Und am Ende geht es immer noch tiefer, tiefer, tiefer, tiefer.»
Noch auf Rang acht zurückgefallen
Durch ein 1:2 (1:0) gegen den seit einer Woche feststehenden Absteiger Hertha BSC verpassten die Wolfsburger am letzten Bundesliga-Spieltag nicht nur den Sprung auf Platz sechs der Abschlusstabelle. Sie fielen durch ein spätes Tor von Eintracht Frankfurt gegen den SC Freiburg (2:1) in der Nachspielzeit dieser Saison sogar noch auf Rang acht zurück.
Das bedeutet: Statt eines sicheren Conference-League-Platzes mit der berechtigten Hoffnung auf eine Europa-League-Qualifikation stehen die Niedersachsen nun komplett mit leeren Händen da. Sie sind auch in der nächsten Saison nicht in einem internationalen Wettbewerb vertreten. Und es hat für sie auch keine Bedeutung mehr, wie am kommenden Samstag das DFB-Pokal-Endspiel zwischen den Frankfurtern und RB Leipzig ausgeht.
Gerhardt frustriert
«Das ist der Worst Case», sagte auch Mittelfeldspieler Yannick Gerhardt frustriert. «Wir hatten heute eine Chance, die wir nie wieder bekommen werden. Es hätte nach 30 Minuten 3:0 stehen müssen. Das ist Wahnsinn!»
Tatsächlich war vor 26.775 Zuschauern in der Volkswagen Arena alles bereit für die Wolfsburger Rückkehr in das internationale Geschäft. Schnell war klar, dass der nur einen Punkt bessere Tabellensechste Bayer Leverkusen sein Spiel beim VfL Bochum verlieren wird – 0:3 hieß es da am Ende für die mehr als 80 Minuten in Unterzahl spielende VfL-Konkurrenz.
Die «Wölfe» selbst gingen schon in der zweiten Minute durch Jakub Kaminski in Führung und leisteten sich danach einen Chancenwucher, der am Ende gleich doppelt bestraft wurde.
4. Minute: Der Pole Kaminski vergibt eine weitere Großchance. 18. Minute: Jonas Wind schießt am leeren Tor vorbei. 42. Minute: Ein Schuss von Guilavogui wird noch auf der Torlinie geklärt. Und das waren nur die besten von vielen guten Möglichkeiten für den VfL. Auch in der Schlussphase hatten Omar Marmoush (86.) und Sebastiaan Bornauw (89.) wenigstens noch den Ausgleich auf dem Fuß. Selbst der hätte für Platz sechs gereicht.
Maza trifft für Hertha
«Dass wir dieses Spiel verloren haben, ist normal ein Ding der Unmöglichkeit», sagte Trainer Niko Kovac. Aber genau das passierte. Ibrahim Maza (55.) und Marco Richter (68.) trafen noch für den Tabellenletzten aus Berlin. Randal Kolo Muani (83.) und Éric Junior Dina Ebimbe (90.+1) machten aus einem Frankfurter 0:1-Rückstand gegen den SC Freiburg noch einen späten 2:1-Sieg.
«Heute haben wir uns selber geschlagen und uns selber um den verdienten Lohn für diese Saison gebracht», sagte Kovac. «Alles lag für uns auf dem Präsentierteller. Eine europäische Saison ist so wichtig für junge Spieler. Das ist uns jetzt leider abhandengekommen. Deshalb bin ich jetzt ziemlich enttäuscht und auch etwas sauer.»
In der nächsten Saison will der VfL den nächsten Anlauf auf die ersten sechs Plätze nehmen. Ein paar punktuelle Verstärkungen soll die junge Mannschaft dafür bekommen. Nur auf die Erfahrung von Guilavogui muss sie dann verzichten. Nach neun Saisons, 207 Bundesliga-Spielen, einem DFB-Pokalsieg und zwei Champions-League-Teilnahmen in Wolfsburg wird der 32-Jährige ins Ausland wechseln. «Ich habe ein paar Angebote. Aber ich werde nicht mehr in der Bundesliga spielen», sagte er. Gegen den VfL zu spielen – das kann er sich nicht vorstellen.