Selfie nach dem Sieg: Joshua Kimmich macht nach dem Spiel ein Foto mit seiner Freundin Lina Meyer (2.v.r), Familie und Fans. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Das Stadion wird zum Familien-Treffpunkt – zur halbwegs privaten Zone sozusagen. Die deutschen Spieler genossen in München am Samstagabend nicht nur den lange vermissten Jubel mit den glückseligen Fans.

Ihr Weg führte sie nach dem rauschenden 4:2 gegen Portugal auch immer wieder in Richtung der Tribünen, weil sie dort bei dieser Corona-Europameisterschaft wenigstens kurz auf Abstand mit ihren Liebsten zusammenkommen können. Der Verzicht auf Familie und Freunde fällt gerade den Vätern unter den Nationalspielern schwer.

Die Arena wird sozusagen zum Kontakt-Hotspot. «Das geht an der freien Natur. Alle sind getestet, alle haben Masken auf. Das war ja alles corona-konform», bemerkte Bayern-Profi Joshua Kimmich angesprochen auf die rege Kontaktaufnahme. Der 26-Jährige gab freimütig zu, dass die Ausnahmesituation bei diesem Turnier belastend ist. Das DFB-Team lebt in einer geschlossenen Blase, keiner darf von außen rein.

Familienmensch Kimmich

«Ich bin ein Familienmensch», erzählte Kimmich. Der Bayern-Profi hat mit seiner Partnerin Lina Meyer zwei kleine Kinder, die 2019 und 2020 zur Welt kamen. Auch andere Akteure wie Toni Kroos oder Mats Hummels sind Väter. Kroos quatschte nach dem Spiel lachend mit seinem Sohn.

Champions-League-Sieger Antonio Rüdiger ist erst kurz vor dem Turnier zum zweiten Mal Papa geworden. Bei Instagram hatte er vor der Reise zum DFB-Team ein Bild seines Nachwuchses veröffentlicht und dazu geschrieben: «Gott hat immer einen besseren Plan als wir! Aaliyah Trophy Rüdiger – meine größte ‚Trophäe‘. Ich bin jetzt zum zweiten Mal stolzer Papa.» Die Kleine im Arm zu halten, das ist aktuell aber nicht mehr möglich. Rüdiger ist im Turnier wieder Single auf Zeit.

«Der Abschied tat weh, als wir uns in Seefeld getroffen haben», sagte Kimmich rückblickend auf die Abreise von der Familie zum Start der EM-Vorbereitung am 28. Mai in Tirol. «Jetzt sind es drei Wochen», rechnete er am schönen Portugal-Abend vor. «Natürlich gibt es heutzutage Facetime und all das drum und dran. Aber es ist schon schwierig. Die eigenen Kinder, die Familie, die vermisst man schon», gestand der Bayern-Profi.

Beschränken auf das Minimum

Auch der Bundestrainer weiß um die Problematik. Früher durften Frauen, Lebensgefährtinnen und auch Kinder oft am Tag nach Spielen ins Quartier. Oder die Spieler durften raus. Der «Home Ground» des DFB-Teams in Herzogenaurach wäre eine ideale Begegnungsstätte. Jürgen Klinsmann führte als Bundestrainer sogar vor der Heim-WM 2006 sogenannte Familien-Trainingslager ein, damals auf Sardinien.

Auch bei Löw gab es das in den Anfangsjahren. «Selbstverständlich habe ich Kontakt zur Familie und einigen Freunden», sagte der 61-Jährige zu seinem Verhalten bei einer EM in der Pandemie: «Man beschränkt es ein bisschen auf das Minimum. Klar gibt es Kontakte und Nachrichten.» Die kurzen Ablenkungen tun alle gut. «Man ist ja in diesem Tunnel drin bei einem Turnier», bemerkte Löw. Für ihn gilt: «Es gibt keine Tage, in denen man völlig runterfährt als Trainer.»

Kimmich fehlen seine Lebensgefährtin und die gemeinsamen Kinder. Die Situation könnte sich nach dem ersten Sieg der DFB-Elf bei der EM auch nicht so rasch ändern. Es ist erst Halbzeit für ihn und seine Kollegen, wenn sie es bis ins Finale am 11. Juli schaffen sollten. Kimmich würde das aber gerne in Kauf nehmen. «Ich hoffe, dass ich sie noch ein paar Wochen vermissen werde», sagte der junge Papa.

Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa
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