Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg (2.v.l.) klatscht nach dem 4:0-Sieg mit Giulia Gwinn ab. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Die «La Ola» schwappte für die Fußballerinnen um Kapitänin Svenja Huth bereits durch das Brentford Community Stadion – nun soll die Welle der Begeisterung auch nach Deutschland kommen.

Inmitten der Sommerpause der Männer-Bundesliga haben die DFB-Frauen mit ihrem sehenswerten 4:0-Sieg gegen Dänemark zum EM-Auftakt in England ein Statement für ihren Sport gesetzt. Gegen Titelfavorit Spanien geht es nun am Dienstag (21.00 Uhr/ARD und DAZN) ebenfalls im Londoner Westen wohl bereits um den Gruppensieg.

«Natürlich ist es jetzt ein schönes Zeichen in Europa, auch nach Deutschland. Ich hoffe, dass die Euphorie ein bisschen übergesprungen ist», sagte Mittelfeldspielerin und Torschützin Lina Magull, die den Pokal als beste Spielerin der Partie mitnehmen durfte.

Bei ihrer Galavorstellung waren die DFB-Frauen schon mal die Lieblinge des TV-Publikums. 5,95 Millionen Menschen sahen im ZDF das erste Gruppenspiel und sorgten nach Angaben des Senders für einen Marktanteil von 25,9 Prozent. Die Live-Übertragung war damit die erfolgreichste Fernsehsendung des Tages.

Großes Lob von Chatzialexiou

Joti Chatzialexiou, Leiter Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund, lobte die Frauen ausdrücklich. «Es war tatsächlich das beste Spiel, was ich von unserer Mannschaft in meiner sportlichen Verantwortung bisher gesehen habe», sagte der 46-Jährige bei einer Pressekonferenz in London. Chatzialexiou ist seit dem 1. Januar 2018 beim Verband zuständig für die beiden Auswahlteams.

«Wir haben tatsächlich unseren Matchplan sehr, sehr gut umgesetzt. Wir haben super Zweikämpfe geführt, tolle Umschaltmomente gehabt, sehr dominant und endlich auch mal sehr selbstbewusst Fußball gespielt», erklärte Chatzialexiou weiter. Letzteres sei in der Vergangenheit durch so manche Ausfälle und neue Konstellationen nicht immer so gewesen.

Auch die Däninnen zollten ihrem Gegner Respekt. «Die haben sehr viel Power und sind sehr überzeugt von dem, was sie tun», sagte konsterniert deren Star Pernille Harder, zweimalige «Fußballerin des Jahres in Europa» und frühere Wolfsburgerin.

Voss-Tecklenburg: «Uns muss man erstmal schlagen»

Die Zeitung «Jyllands-Posten» schrieb: «Überlegenes Deutschland erteilt der dänischen Frauen-Nationalmannschaft eine Fußballlektion.» Kurz zuvor hatte bereits Spanien mit einem 4:1 gegen Finnland gewonnen – und das ohne Weltfußballerin Alexia Putellas (Kreuzbandriss).

Als Voss-Tecklenburg nach dem Abpfiff die strahlenden Gesichter alle im Kreis versammelte, sprach die Bundestrainerin wohl das aus, was ihre Spielerinnen dachten: «Uns muss erstmal einer schlagen.» Innerhalb von 90 Minuten zerstreuten die DFB-Frauen erst einmal alle Zweifel, die sich in den vergangenen drei Jahren nach dem WM-Viertelfinal-Aus in Frankreich angesammelt hatten.

Vor 15.746 Zuschauern strahlte das DFB-Team im ersten Gruppenspiel eine starke Mentalität, Spielfreude und taktische Reife aus – und schoss wunderbare Tore. Magull (21. Minute) und Lea Schüller (57.) vom FC Bayern München sowie die beiden Wolfsburgerinnen Lena Lattwein (78.) und Alexandra Popp (86.) trafen gegen den EM-Zweiten von 2017. «Wir haben uns in einen Rausch gespielt. Unser Angriffspressing hat sehr gut funktioniert», sagte Schüller. So hatte Voss-Tecklenburg ausnahmsweise «nichts zu meckern», wie sie selber sagte.

Popp trifft nach Einwechslung

«Wir haben ein überragendes Spiel gemacht. Wir waren unheimlich dominant, aggressiv. Die Erleichterung ist natürlich groß. Das ist eine gute Basis, eine tolle Ausgangslage, aber noch ist nichts gewonnen», sagte die 54-Jährige. Sie sprach von einem «großen Geschenk».

Ihre eigentliche Spielführerin Alexandra Popp kam erst in der 61. Minute für Schüller – und muss sich wohl weiter mit der Jokerrolle abfinden. Dies deutete Voss-Tecklenburg an. «Wir haben versucht, einen Weg zu finden, ihr den Glauben zu geben, dass wir sie in diesem Turnier brauchen in ihrer ganzen Art – wenn auch nicht im ersten Spiel über 90 Minuten, vielleicht auch nicht im zweiten oder dritten», erklärte die Trainerin.

Popp hatte nach einer schweren Knieverletzung erst im April ihr Comeback im Nationalteam gegeben, durch eine Corona-Erkrankung war sie in der Vorbereitung erneut zurückgeworfen worden. Als Einwechselspielerin erzielte sie das 4:0 mit einem Flugkopfball. Die Olympiasiegerin vom VfL Wolfsburg bestritt in ihrem 115. Länderspiel ihren ersten EM-Einsatz, da sie bei den beiden vergangenen Turnieren jeweils verletzt gefehlt hatte.

«Ich kann nur sagen, dass das einfach schön ist», sagte Voss-Tecklenburg. «Poppi hatte keinen einfachen Weg.» Die Frage der Fitness habe die Stürmerin «sehr beschäftigt, sehr mitgenommen». Die 31-Jährige selbst sagte: «Natürlich will ich von Anfang an spielen, das ist klar.»

Sie lobte aber auch ihre Bayern-Konkurrentin Schüller: «Lea hat es, bevor ich eingewechselt wurde, gut gemacht. Von daher ist es ein sehr großer Mehrwert, solche zwei Stürmerinnen in den Reihen zu haben», erklärte sie und fügte lachend hinzu: «Und wenn es am Ende so läuft, dass Lea erst alle müde spielt, und dann komme ich rein und darf vollstrecken – dann bin ich damit auch völlig fein.»

Von Ulrike John, dpa
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