Nach dem ersten großen Frust über die ernüchternde Auftakt-Pleite nahm Max Kruse fast schon trotzig das bevorstehende «Endspiel» in den Fokus.
«Wir müssen versuchen, das wenig Positive rauszuziehen», forderte der deutsche Olympia-Fußballer nach dem deutlichen 2:4 zum Auftakt gegen Olympiasieger Brasilien. Den Blick richtete die Mannschaft von Trainer Stefan Kuntz voll auf das nächste Gruppenspiel gegen Außenseiter Saudi-Arabien am Sonntag (13.30 Uhr MESZ/ARD und Eurosport). «Jeder, der die Tabelle lesen kann, weiß, dass es Sonntag schon ein Endspiel ist», fasste ein sichtlich geknickter Kruse die aktuelle Situation zusammen.
Gegen Saudi-Arabien unter Druck
«Wir stehen unter Zugzwang», ergänzte Benjamin Henrichs mit Blick auf das zweite Gruppenspiel. Die positiven Erkenntnisse aus dem komplett enttäuschenden Auftakt will das Team mitnehmen – aber welche sind das? Dass die Mannschaft sich trotz 0:3-Rückstand zwischenzeitlich in Unterzahl auf ein Tor herankämpfte? Vielleicht. Viel mehr positive Erkenntnisse lieferte das Spiel gegen die Südamerikaner nicht.
Im Gegenteil: Die Kuntz-Truppe wirkte über weite Strecken maßlos überfordert. In der Defensive klafften riesige Lücken, im Mittelfeld fehlte es an der nötigen Kreativität und der Angriff war praktisch nicht existent. «Das war eine Scheiße, die wir zusammen gespielt haben», fasste Henrichs das Spiel zusammen. «Man sieht, dass wir nicht unbedingt eingespielt sind.» Der Mannschaft war anzumerken, dass sie in dieser Formation zuvor noch nie zusammengespielt hatte.
Viel Zeit zur Vorbereitung auf das nächste Spiel bleibt nun aber nicht. Zwei Trainingstage, dann geht es in Yokohama gegen den krassen Außenseiter, der nach seiner 1:2-Pleite gegen die Elfenbeinküste ebenfalls mit null Punkten unter Druck steht. Nur die zwei Gruppenbesten erreichen das Viertelfinale. Das erklärte Ziel Gold scheint jedenfalls erst einmal in weiter Ferne. Abhaken will die deutsche Auswahl ihre Medaillen-Träume aber nicht.
Kuntz fordert mehr Härte
Mehr Spritzigkeit und Härte in den Zweikämpfen sowie deutlich weniger Fehlpässe forderte Kuntz von seiner Mannschaft für das Spiel gegen Saudi-Arabien. Im Gegensatz zu seinen Schützlingen, die eine Medaille weiterhin fest im Blick haben, wählte der Trainer eine etwas zurückhaltendere Formulierung: Nach der Gruppenphase im Turnier bleiben sei das momentane Ziel. Gold-Ambitionen klingen anders.
Verzichten muss die DFB-Elf im Spiel gegen Saudi-Arabien zudem auf Kapitän Maximilian Arnold, der gegen die Seleção Gelb-Rot sah und gesperrt ist. Der jungen, bunt zusammengewürfelten Mannschaft fehlt somit ein erfahrener Akteur im Mittelfeld. Kein optimaler Ausgangspunkt für ein Team, das ohnehin schon mit einem dezimierten Kader nach Japan gereist ist.
Abwehr mit Luft nach oben
Auch wenn die Offensive des nächsten Gegners qualitativ sicherlich nicht mit der brasilianischen vergleichbar ist, muss sich vor allem die Abwehrleistung des deutschen Teams deutlich verbessern. Die Defensive muss kompakter stehen, zu groß waren die Abstände bei den Gegentoren gegen Brasilien.
Mit Automatismen sei bis Sonntag jedoch nicht zu rechnen, warnte Kuntz. «Die kriegen wir jetzt natürlich nicht rein», sagte der 58-Jährige. Vielmehr müssten im Training «die Basics» wiederholt werden. Manchmal seien wenige Meter entscheidend, «wo man etwas offener stehen muss, etwas breiter stehen muss». Die Mannschaft müsse diese Grundlagen verinnerlichen und mutig umsetzen. Nur so könne man die Gruppenphase überstehen.