Niclas Füllkrug sah wirklich nicht aus wie jemand, der nächste Woche für einen anderen Verein spielen wird.
Der Torjäger von Werder Bremen feierte das überraschende 2:1 (1:0) gegen den VfL Wolfsburg inmitten seiner Kollegen. Er sprach immer in der «Wir»-Form, als es um das unerwartete Ende der Bremer Niederlagen-Serie ging. Eine Stunde nach diesem Spiel wischte er alle Transfer-Spekulationen der vergangenen Wochen dann auch zumindest zu 95 Prozent vom Tisch.
«Es sind noch drei Tage. Ich glaube nicht, dass da jetzt noch etwas passiert», sagte der Nationalstürmer mit Blick auf die am Dienstag endende Wechselfrist. Füllkrug räumte zwar erstmals ein, nach der WM in der Winterpause Anfragen anderer Clubs erhalten zu haben. Aber: «Alles, was kam, wurde in erster Instanz von mir abgelehnt. Ich habe es nicht an Werder rangelassen.»
Warum der 29-Jährige in nur anderthalb Jahren vom Ersatzspieler in der zweiten Liga zu einem der meistgefragten Bundesliga-Spieler aufgestiegen ist, war auch zu sehen. Füllkrug schoss gegen Wolfsburg seine Saisontore 12 und 13. In der 24. Minute verwandelte er einen umstrittenen Handelfmeter. In der 77. Minute traf er nach kluger Ablage von Mitchell Weiser aus kurzer Distanz. Das 1:2 durch Kevin Paredes fiel erst in der 90. Minute und damit zu spät.
Füllkrug Lebensversicherung und Wertanlage zugleich
Füllkrug ist für Werder eine sportliche Lebensversicherung und die größte Wertanlage zugleich. Das macht seine Situation so pikant. Vor dem überzeugenden Auftritt in diesem Nordduell hatte der Aufsteiger viermal nacheinander verloren. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz schmolz bis auf fünf Punkte zusammen. In so einer Phase verkauft man normalerweise nicht seinen wichtigsten und erfolgversprechendsten Spieler.
Auf der anderen Seite haben die Bremer gerade die Corona-Krise und ein Zweitliga-Jahr hinter sich. Sie könnten die Einnahmen aus einem Millionen-Verkauf gut gebrauchen. Deshalb ließ die sportliche Leitung in den vergangenen Wochen und ließ auch Füllkrug am Samstag nach dem Wolfsburg-Spiel immer noch ein Hintertürchen für seinen Wechsel offen.
Werder Bremen sei «ein Wirtschaftsunternehmen», sagte der Stürmer. «Wenn ein Verein so viel Not am Mann hat, dass er eine Summe hinlegt, bei der man nicht Nein sagen kann, dann muss das ein Verein wie Werder einfach machen.» Er rechne nur in diesem Winter nicht mehr mit. Vieles spricht allerdings dafür, dass das im Sommer nach dieser Saison dann anders aussehen wird.
Wolfsburg verpasst Vereinsrekord
Der Sieg gegen Wolfsburg war ein enorm wichtiger Schritt dafür, dass die Bremer dann noch immer ein Erstligist sein werden. «Das war ein geiles Spiel von uns», sagte Außenverteidiger Weiser. Und das sei nur wenige Tage nach einem desolaten 1:7 in Köln und einem bitteren 1:2 gegen Union Berlin «nicht selbstverständlich. Das spricht für unsere Mannschaft.» Und das sei auch für die nächsten Spiele unter anderem gegen die Abstiegskampf-Konkurrenten VfB Stuttgart und VfL Bochum sehr wichtig. «Viel hängt in dieser Liga vom Selbstvertrauen ab», sagte Weiser.
Gegner Wolfsburg hatte zuvor sechs Spiele in Serie mit einem Torverhältnis von 22:1 gewonnen. Selbst ein Unentschieden in Bremen hätte die Einstellung eines Vereinsrekordes aus dem Meisterjahr 2009 bedeutet, als der VfL unter Felix Magath elf Bundesliga-Spiele nacheinander ungeschlagen blieb. Doch jene Energie und Unerbittlichkeit, die zuletzt die Mannschaft von Niko Kovac ausgezeichnet hatte, zeigten diesmal vor allem die Bremer. «Ich bin sehr stolz», sagte Füllkrug dazu. Für Worte des Abschieds war es noch zu früh.