Geht mit Portugal auf Kurs Titelverteidigung: Cristiano Ronaldo. (Urheber/Quelle/Verbreiter: picture alliance / Federico Gambarini/dpa)

Italien macht am Freitag (21.00 Uhr) in Rom den  Anfang, das Ziel ist für alle Favoriten dasselbe: Wembley, Finale, 11. Juli. 

Wer ist schon bereit? Was macht den Topteams noch Sorgen? Und wo steht eigentlich die deutsche Nationalmannschaft? Ein Favoritencheck unmittelbar vor dem paneuropäischen Turnier:

Frankreich – Kylian Mbappé und Antoine Griezmann im Sturm, dazu Paul Pogba und Champions-League-Held N’Golo Kanté im Mittelfeld – klingt für die anderen 23 EM-Teilnehmer schon unfair genug, da kehrte pünktlich vor Turnierbeginn auch noch Real Madrids Topstürmer Karim Benzema zum Weltmeister zurück. Die Equipe von Didier Deschamps ist ein eingespieltes Kollektiv und auf jeder Position top besetzt. Die Generalprobe (3:0 gegen Bulgarien) gelang dank Olivier Giroud.

England – Der Talentpool ist gigantisch, die Erwartungen riesig: England um WM-Torschützenkönig Harry Kane ist bereit für einen Coup bei der EM. Das offensive Potenzial um Kane, Phil Foden, Jadon Sancho und Mason Mount ist extrem groß, Trainer Gareth Southgate hat einen tiefen und variablen Kader. Wird England Gruppensieger, sind sechs von sieben Spielen in Wembley möglich. Sorgen macht die Abwehr: Trent Alexander-Arnold fällt aus, Harry Maguire ist noch fraglich. Im letzten Test gab es ein 1:0 gegen Rumänien.

Italien – Nach der verpassten WM 2018 zählt Italien wieder zum engen Favoritenkreis. Grund dafür ist nicht nur das in allen Teilen des Teams hohe Potenzial, sondern auch Cheftrainer Roberto Mancini. Seit der 56-Jährige die Squadra Azzurra betreut, geht es aufwärts. Zuletzt gab es 27 Begegnungen keine Niederlage. Italien stellt eine kompakte Abwehr um Routinier Leonardo Bonucci, vorne sind der  Ex-Dortmunder Ciro Immobile und Lorenzo Insigne die Hoffnungsträger.  Beim 4:0 gegen Tschechien funktionierte die Offensive schon bestens.

Belgien – Der ewige Geheimfavorit ist längst nicht mehr geheim. Die brillante Offensive um Weltklassestürmer Romelu Lukaku und den jüngst am Gesicht operierten Kevin De Bruyne gehört zur europäischen Spitze. Fragezeichen stehen hinter Kapitän Eden Hazard, der zahlreiche Verletzungen hinter sich hat. Auch die Abwehr um Jan Vertonghen (34) und Toby Alderweireld (32) ist verwundbar. Belgien hat zudem kaum junge Spieler, tritt seit Jahren mit quasi dem gleichen Personal an.  Beim 1:0 gegen Kroatien erzielte Lukaku das entscheidende Tor.

Deutschland – Bundestrainer Joachim Löw geht nach 15 Jahren als Chef in sein finales Turnier – und will die letzte ganz große Trophäe, die ihm als Coach des Nationalteams noch fehlt. Vor allem offensiv ist mit Serge Gnabry, Kai Havertz, Thomas Müller und Ilkay Gündogan jede Menge Klasse vorhanden. Die Rückkehr von Müller und Mats Hummels soll der Elf zudem Stabilität verleihen. Groß eingespielt wird das Team aber nicht sein, Löw tüftelte bis zum finalen Test (7:1 gegen Lettland) an neuen Lösungen.

Portugal – Der Titelverteidiger sieht auf dem Papier noch stärker aus als beim Triumph 2016. Verteidiger Ruben Dias, Mittelfeldspieler  Bruno Fernandes und der ewige Cristiano Ronaldo verkörpern absolute Weltklasse. Frankfurts Stürmer André Silva (28 Bundesliga-Tore in dieser Saison) hat wohl nicht mal einen Stammplatz. Unter Coach Fernando Santos dürfte Portugal die schwere Gruppe mit Frankreich und Deutschland eher wieder zurückhaltend angehen.

Niederlande – Die Gruppe ist machbar, die Vorfreude groß, denn die Niederlande ist erstmals seit der WM 2014 wieder bei einem großen  Turnier dabei. Stars wie Frenkie de Jong, Georginio Wijnaldum und Memphis Depay machen Lust auf freudige Fußballfeste in Amsterdam, doch Chefcoach Frank de Boer hat Sorgen. Die letzten EM-Tests (2:2 gegen Schottland) waren nicht überzeugend, zudem fallen in Virgil van Dijk und Donny van de Beek wichtige Spieler aus.

Spanien – Das furiose 6:0 gegen Deutschland ist noch immer präsent – könnte aber über andere Probleme der Spanier hinwegtäuschen. Kapitän und Rekordspieler Sergio Ramos wurde nicht ins Aufgebot berufen, Mittelfeldsäule Sergio Busquets fehlt zum Turnierbeginn wegen einer Corona-Infektion. Im Mittelfeld gibt es viele Topakteure für wenige Plätze, fixe Stammspieler gibt es deutlich weniger als bei anderen Topteams. Hoffnung macht die Offensive um Stoßstürmer Alvaro Morata. Gegen Portugal gab es zuletzt ein torloses Remis, wegen des Corona-Falls musste die U21 die Generalprobe gegen Litauen bestreiten.

Die Geheimtipps – Hier sind sicher Vize-Weltmeister Kroatien um Luka Modric, die Polen um Weltfußballer Robert Lewandowski und die vor allem in der Defensive starke Türkei zu nennen. Die Türken bekamen in der Qualifikation nur drei Gegentore in zehn Spielen, obwohl auch EM-Topfavorit Frankreich Teil dieser Gruppe war. Diese Kompaktheit soll bereits am Freitag wieder sichtbar sein, wenn das Team von Trainer Senol Günes zum EM-Auftakt Italien fordert.

Von Patrick Reichardt, dpa
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