Bayer 04 Leverkusen geht mit 13 Punkten Vorsprung in die letzten sieben Bundesliga-Spieltage. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Nach ihrem in allen Belangen perfektem Fußball-Wochenende konnten sich die Fans von Bayer Leverkusen mit einem Luxusproblem beschäftigen, das normalerweise nur den FC Bayern umtreibt. Wie viele Spieltage vor Schluss macht der lange als Vizekusen verhöhnte Werksclub die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte perfekt? Im Heimspiel gegen Werder Bremen in knapp zwei Wochen? Auswärts in Dortmund? «Es ist noch ein bisschen was zu tun», merkte Bayer-Trainer Xabi Alonso nach dem emotionalen 2:1 gegen die TSG Hoffenheim zwar an. Zweifel am Titel bestehen aber kaum mehr.

«Es ist wieder ein Spiel weniger, deshalb ist die Situation wieder etwas besser», sagte Alonso, der die Fans am Freitag mit der Ankündigung hatte jubeln lassen, dass er über den Sommer hinaus in Leverkusen bleiben wird. Gut 27 Stunden später folgte der Last-Minute-Sieg gegen die TSG, ehe am Abend Verfolger FC Bayern beim 0:2 gegen Borussia Dortmund die Nerven verlor. Leverkusen geht mit 13 Punkten Vorsprung in die verbleibenden sieben Spiele. Bayern-Trainer Thomas Tuchel schickte frustriert schon ein «Glückwunsch» zum Titel in Richtung Rheinland.

Der Club-Chef fiebert mit

Der imposante Lauf der Leverkusener ist wahrlich titelwürdig. Nach nur 27 Spieltagen ist die weiterhin ungeschlagene Mannschaft bereits für die Champions League qualifiziert. Zudem weist sie schon jetzt mehr Punkte auf als der Vorjahresmeister aus München am damaligen Saisonende. Im Idealfall kann Leverkusen sogar schon vor dem Heimspiel gegen Bremen den Titel feiern – dafür müssten die Bayern aber jetzt zweimal nacheinander verlieren.

Patrik Schick hatte in Leverkusen mit seinem Siegtreffer in der Nachspielzeit einen enormen Gefühlsrausch ausgelöst und auch Fernando Carro sichtlich mitgenommen. «Mein Herz macht das nicht mehr lange mit», sagte der Club-Chef lachend. Seine Erklärung, dass der von vielen europäischen Top-Clubs umworbene Nationalspieler Florian Wirtz «in diesem Jahr zu 100 Prozent sicher hierbleiben» wird, rundete das perfekte Wochenende für Leverkusen ab. 

Wenige Schritte bis zum Titel

In der Bundesliga ließ Bayer bislang in 27 Partien nur acht Punkte liegen. Dazu kommt der Last-Minute-Faktor wie gegen Hoffenheim. Es war das bereits vierte Ligaspiel, in dem Bayer kurz vor Schluss zurückkam. «Das war wieder ein weiterer Meilenstein», sagte Robert Andrich, der eine Kombination mit Florian Wirtz und Jonathan Tah zum Ausgleich in der 88. Minute genutzt hatte. 

Große Entwicklung auch bei den Fans

Die Tausenden Bayer-Fans jubelten. Auch um das Erfolgsteam herum hat sich etwas entwickelt. Machten sich die gegnerischen Fans einst jahrelang darüber lustig, dass Leverkusen die heimische Arena oft nicht voll bekommt und nur wenige Anhänger zu Auswärtsspielen reisten, so sind Tickets für Bayer-Spiele inzwischen frühzeitig ausverkauft. Und die Stimmung in der BayArena ist inzwischen so besonders, dass sogar der weit gereiste Alonso beeindruckt ist.

«Diese Verbindung zu den Fans ist sehr speziell. Sie sind ein Teil dieses Sieges. Und für mich ein Grund, hier zu arbeiten, damit sie etwas zu feiern haben», sagte er. Nach seinem Treue-Bekenntnis vom Karfreitag wurden an den Eingängen «Danke Xabi»-Schals verkauft, auf den Rängen gab es zahlreiche Plakate mit den Namen des Trainers und Herzen zu sehen. Bei Verkündung der Aufstellung wurde der Coach nochmal extra laut gefeiert. 

Bei der internen Verkündung seines Verbleibs am Freitagmorgen habe ihm die Mannschaft «natürlich applaudiert», sagte Schick, der mit dem Siegtor gegen Hoffenheim schon sein viertes Pflichtspieltor in der Nachspielzeit erzielte – alleine im März. «Wir haben diese schöne Saison, diese unglaubliche Serie. Und es wäre nicht schön gewesen, wenn er nach der Saison gehen würde.»

Andrich berichtete, Alonso habe «ganz trocken mitgeteilt, dass er nirgendwo hingeht. Wir haben uns gefreut. Jetzt haben wir einen Haken dran, dass er noch eine Saison bleibt. Jetzt wollen wir gemeinsam noch einiges erreichen.»

Von Holger Schmidt, dpa
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