Die Fans des HSV feiern vor der 1:2-Heimpleite auf der Nordtribüne. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Axel Heimken/dpa)

Schon wieder Frühling, schon wieder Endspurt im Aufstiegskampf der 2. Fußball-Bundesliga – und schon wieder schmiert der Hamburger SV ab. Es scheint, als wird die 2. Liga zum dauerhaften Lebensraum des ehemaligen Europapokalsiegers.

Nach drei gescheiterten Aufstiegsmissionen steht der einstige Erstliga-Dino auch im vierten Anlauf vor einem Scherbenhaufen. Die 1:2 (0:1)-Heimpleite gegen Paderborn zementiert den Abwärtstrend. Seit fünf Spielen kein Sieg, lediglich zwei Pünktchen von 15 möglichen Zählern in den vergangenen sechs Wochen. Bei sechs ausstehenden Spieltagen hat der Traditionsclub als Tabellensiebter neun Zähler Rückstand auf einen Aufstiegsplatz.

Walter will keinen Psycho-Druck

«Die Entwicklung geht nicht nur in eine Richtung, die kann auch mal stocken», entschuldigt Trainer Tim Walter sein Team und seufzt: «Das Leben ist kein Wunschkonzert, man muss hart arbeiten.» Der regelmäßige Einbruch hat weder etwas mit fehlender Kondition noch mangelnder Klasse der Profis zu tun. Geht es im Saisonfinale ans Eingemachte, flattern pünktlich in Hamburg die Nerven.

Das bestreitet Walter vehement. Aus taktischen Gründen will er erst gar keine Psycho-Diskussion aufkommen lassen. Denn die verunsichert das Team noch mehr, wie die Vorjahre zeigten. Deshalb lautet sein Lieblingssatz: «Wir bleiben bei uns.» Egal, wie die eigenen Spiele enden, egal, was die Konkurrenz macht, egal, wie die Tabelle aussieht: nicht drüber reden, nicht drüber nachdenken, nur bis zum besser platzierten Mitspieler auf dem Rasen gucken.

Als ein Sky-Reporter vor dem Spiel von Walter bestätigt haben wollte, dass gegen Paderborn wohl ein Pflichtsieg fällig sei, antwortete dieser: «Pflicht ist, dass ich später meine Familie anrufe. Für uns ist wichtig, dass wir Spaß haben.» Das ist weder patzig noch arrogant, sondern Teil des Anti-Psycho-Plans. Auch wenn der Trainer meint, «Druck ist ein Privileg», seine Spieler scheinen das anders zu sehen.

HSV lässt Muster erkennen

Das Saisonmuster des HSV kann kein Zufall sein. In den drei Zweitliga-Spieljahren zuvor holte das Team aus den jeweils letzten acht Partien zweimal nur neun der möglichen 24 Punkte, einmal gar nur sechs. Auf eine starke Hinrunde folgte geradezu notorisch der Absturz nach der Winterpause. Die größte Diskrepanz gab es 2018/19: Erster in der Hinrunde mit 37 Punkten, 15. in der Rückrunde mit 19 Zählern.

«Letztendlich stehst du da, wo du stehst, auch verdient», meinte Walter. Aussicht auf Besserung gibt es kaum, glaubt man der niederschmetternden Statistik: Im April hat der HSV noch nie gewonnen. In der Corona-Saison 2019/20 gab es allerdings keine April-Spiele.

Aufstiegsplatz noch möglich

Abgeschrieben ist der HSV in dieser Saison aber noch nicht. Sollte er das Nachholheimspiel am Dienstag gegen den Vorletzten Aue gewinnen, sind es noch sechs Punkte Differenz auf einen Aufstiegsplatz. Danach könnte die Mannschaft Profiteur einer selten günstigen Konstellation sein: Die Spitzenclubs spielen allesamt noch gegeneinander und klauen sich gegenseitig die Punkte. Nur der HSV nicht. Der hat ausnahmslos Rivalen aus der unteren Tabellenhälfte.

Ein wenig Hoffnung macht dem HSV zudem, dass auch die Spitzenteams schwächeln. So musste sowohl der neue Tabellenführer Werder Bremen (52 Punkte) beim dürftigen 1:1 (0:0) daheim gegen den Abstiegsaspiranten Sandhausen als auch der 1. FC Nürnberg (46) am Sonntag beim 1:3 (0:2) in Heidenheim (45) einen Rückschlag hinnehmen. Einen Tag zuvor hatte auch der bisherige Spitzenreiter FC St. Pauli (51) beim 0:1 (0:0) in Rostock gepatzt. Dagegen nutzte der SV Darmstadt (51) die Gunst der Stunde und verbesserte sich mit einem 3:1 (2:0) über Holstein Kiel auf Rang zwei.

Von Franko Koitzsch, dpa
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