Selbst nach kräftezehrenden Trainingseinheiten schreibt er pflichtbewusst Autogramme – mit viel Geduld und einem Dauerlächeln. Bei der Rückkehr in den Alltag als Fußball-Profi macht Sébastien Haller erstaunliche Fortschritte.
Nach zwei Operationen und einer Chemotherapie absolvierte der im vergangenen Sommer an Hodenkrebs erkrankte Dortmunder Rekordeinkauf im Trainingslager des Fußball-Bundesligisten bisher fast jede Übung mit nahezu voller Intensität. Das schürt die Hoffnung auf ein schnelles Comeback. «Man merkt jetzt, dass es die ganze Arbeit im letzten halben Jahr wert war», kommentierte Haller in Marbella die voranschreitende Genesung.
«In meinem Kopf gibt es keine Grenzen.»
Dabei musste sich der zu Saisonbeginn als Ersatz für Torgarant Erling Haaland (Manchester City) für 31,5 Millionen Euro von Ajax Amsterdam verpflichtete ivorische Nationalspieler noch im November einer zweiten Operation unterziehen. Doch die damaligen Sorgen sind mittlerweile großer Zuversicht gewichen. Selbst ein Kurzeinsatz im Testspiel am Dienstag (16.00 Uhr) gegen Fortuna Düsseldorf scheint möglich.
«Wenn Trainer und der medizinische Staff der Meinung sind, dass ich spielen soll, dann spiele ich», sagte Haller, der auch einen Kaderplatz im ersten Pflichtspiel des Jahres beim Bundesliga-Restart der Borussia am 22. Januar gegen Augsburg nicht kategorisch ausschließt: «Ja, alles ist möglich. In meinem Kopf gibt es keine Grenzen. Ich werde mein Bestes geben, um am 22. Januar da zu sein.»
Nach monatelangem Kampf gegen die Krankheit kann es Haller kaum erwarten, ein fester Bestandteil seiner neuen Mannschaft zu werden. Schon vor dem offiziellen Trainingsauftakt des BVB vor einer Woche arbeitete er im Kraftraum an seinem Formaufbau. Die guten Werte bei der obligatorischen Leistungsdiagnostik ebneten den Weg in das Teamtraining. Abhängig von seinen medizinischen Werten, die tagtäglich kontrolliert werden, soll die Belastung fortgesetzt werden. Gleichwohl offenbaren die Teameinheiten, dass er von alter Spritzigkeit und Ballsicherheit noch ein Stück entfernt scheint. Bei aller Freude über die Fortschritte bei Haller warnte Kapitän Marco Reus vor zu großer Erwartungen: «Wir tun alle gut daran, ihm ein bisschen Zeit zu geben. Bis er seinen Rhythmus gefunden hat, wird es ein wenig dauern.»
Euphorie im Team wächst
Die positive Entwicklung bei Haller und dessen Zuversicht sorgen im gesamten Kader für eine Stimmungsaufhellung – mehr noch als die Rückkehr diverser Rekonvaleszenten wie Reus, Mahmoud Dahoud, Thomas Meunier, Marius Wolf, Jamie Bynoe-Gittens und Anthony Modeste. «Wir freuen uns, den einen oder anderen verletzten wieder auf den Platz zu sehen – vor allem Sébastien Haller. Er macht uns als Team glücklich», kommentierte Mittelfeldspieler Salih Özcan.
Ähnlich euphorisch äußerte sich der von einer Knöchelverletzung genesene Reus. «Ich habe Gänsehaut, wenn ich daran denke, dass er wieder auf dem Platz steht. Wir haben den Hut gezogen vor seinem Kampf.» Der Routinier verwies auf die fußballerischen Qualitäten seines neuen Offensivkollegen: «Auf lange Sicht gibt er uns eine Alternative in seinem Spiel, die wir vielleicht noch nicht haben.»
Auch bei Torhüter Gregor Kobel wächst der Glaube, dass Haller dem Tabellensechsten bei der avisierten Aufholjagd Richtung Champions-League-Plätze noch eine große Hilfe sein kann: «Sébastien macht auf mich einen sehr guten Eindruck. Er sieht stark aus, seine Bewegungen gefallen mir.»