Bayerns Trainer Julian Nagelsmann (l) sitzt während der Partie beim FC Augsburg auf der Trainerbank. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Tom Weller/dpa)

Julian Nagelsmann saß mit grimmiger Miene im Presseraum der Augsburger Arena und kommentierte im Telegrammstil die erste Saison-Niederlage des FC Bayern.

Nach dem 0:1 (0:0) gegen einen giftigen, ekligen und grandios kämpfenden FC Augsburg herrscht beim deutschen Fußball-Rekordmeister und seinem Trainer vor dem geplanten Oktoberfest-Besuch von Profis und Bossen Katerstimmung.

Vier sieglose Bayern-Spiele in der Bundesliga gab es zuletzt vor über 20 Jahren. Das sei ein Trend, der «nix Gutes» bedeute, sagte der 35-jährige Nagelsmann, der nun eine Krise meistern muss. «Aus vier Spielen drei Punkte – da weiß ich nicht, ob mir die Maß schmeckt», sagte Sportvorstand Hasan Salihamidzic vor dem Wiesn-Besuch am Sonntag. Nagelsmann beklagte zum wiederholten Male die fehlende Effizienz. Seine Spieler seien «einfach sehr Laissez-faire» aufgetreten.

Die Niederlage wird nachwirken

In der anstehenden Länderspielpause wolle er nun viel nachdenken: «Über alles denke ich nach. Über mich. Über die Situation. Über alles.» Die Niederlage wird länger nachwirken in München.

Die beherzt und kampfstark auftretenden Augsburger krönten ihre famose Leistung mit dem Siegtor von U21-Europameister Mergim Berisha in der 59. Minute nach einem Freistoß aus der eigenen Hälfte, bei dem die Bayern kollektiv schliefen statt energisch zu verteidigen. In der Nachspielzeit stürmte sogar Torwart Manuel Neuer bei Eckbällen mit. Ein Kopfball des Kapitäns hätte fast das 1:1 gebracht, aber der herausragende FCA-Keeper Rafal Gikiewicz parierte überragend. «Er hat mich gefragt, warum ich den gehalten habe», berichtete Gikiewicz von einem kurzen Wortwechsel mit Neuer nach dem Abpfiff.

30 660 Zuschauer in der Augsburger Arena feierten den ersten Saison-Heimsieg ihres Teams, das den Überraschungserfolg aus dem Vorjahr wiederholte. Damals gewann der FCA mit Markus Weinzierl als Trainer mit 2:1. Nun triumphierte Enrico Maaßen in seinem ersten Spiel als Bundesliga-Coach gegen den großen FC Bayern. «Natürlich können wir das einordnen, dass auch Glück dabei war», sagte Maaßen, der seine Mannschaft mit einer mutigen Ausrichtung aufstellte. «Es ist etwas ganz Besonderes, gegen Bayern zu treffen», sagte Neuzugang Berisha nach seinem ersten Bundesliga-Tor.

Probleme mit körperlicher Gangart

Vier Tage nach dem 2:0 gegen den FC Barcelona taten sich die von Nagelsmann auf drei Positionen veränderten Bayern extrem schwer bei der Umstellung vom filigranen Champions-League-Fußball auf harte Liga-Maloche. Die Augsburger gingen robust zur Sache, zwangen die Münchner mit höchster Laufbereitschaft ständig in Zweikämpfe.

Man habe «brutal Probleme gegen Mannschaften, die körperlich gegen uns spielen, die uns sozusagen auf die Socken hauen», bemerkte Salihamidzic nach dem Spiel und mahnte: «Die Jungs müssen gieriger sein.» Thomas Müller befand: «Wir haben ergebnistechnisch absolut eine Krise.» Abwehrspieler Maximilan Bauer hätte Augsburg schon vor der Pause freistehend vor Neuer in Führung köpfen können (39.).

Bei den Bayern war meist Leroy Sané der Antreiber. Sie hatten mehr Ballbesitz, rannten an und hatten auch etliche Torchancen. Die wurden vergeben oder eine Beute des mehrfach glänzenden Gikiewicz. Der Pole reagierte anfangs exzellent gegen Stürmerstar Sadio Mané, dem erneut nichts glückte, und schien dann unüberwindbar. «Wir haben leiden müssen und hatten einen überragenden Torwart», sagte Maaßen. «Wenn ich die Statistik sehe, müssen wir gewinnen», stöhnte Nagelsmann in der Pressekonferenz beim Blick auf das Blatt: 21:9 Torschüsse stand dort – für den FC Bayern. Aber ganz oben stand 1:0 – für Augsburg.

Von Klaus Bergmann und Christian Kunz, dpa
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