Die Köpenicker Fans hüpften im Pyro-Nebel, ein komplett heiserer Vorsänger stimmte «FC Union international» an und auf dem Balkon vor der Haupttribüne bekam Geschäftsführer Oliver Ruhnert von Stürmer Kevin Behrens eine Bierdusche.
«Champions League kriegen wir auch hin zusammen, oder?», fragte der Geschäftsführer ins Rund, bekam laut Zustimmung und trällerte anschließend auch ein Lied mit. Trainer Urs Fischer gab ein für ihn typisches Motto aus: «An solchen Tagen soll man nicht viel quatschen, sondern feiern.»
Ende einer sensationellen Saison
Denn der 27. Mai wurde im Ostteil der Hauptstadt wieder zum Feiertag. Genau vier Jahre nach dem Aufstieg in die Bundesliga steht der 1. FC Union Berlin nach dem 1:0 (0:0) gegen Werder Bremen in der Königsklasse. Am Ende einer sensationellen Saison.
Zum dritten Mal in Folge qualifiziert sich Union für das internationale Geschäft. In der Hinrunde führten die Köpenicker die Tabelle gar mehrere Wochen an. Nur nach zwei Spieltagen stand das Team nicht auf einem Champions-League-Platz. Seit 23 Spielen verlor Union in der Liga nicht mehr in der Alten Försterei. Ein Verein, der in einem der lautesten, aber auch dem kleinsten Stadion der Liga spielt und beim Budget von der Spitze weit entfernt ist.
Monatelang hatten die Eisernen abgewunken, wenn es um die Chancen auf das Erreichen der Champions League ging. «Wir denken von Spiel zu Spiel» und die 40-Punkte-Marke durften in keiner Antwort fehlen. «Aus Spaß wurde dann irgendwann auch ernst», sagte Rani Khedira, der in der 81. Minute das Tor des Tages schoss. «Es war eine Gefühlsexplosion in dem Moment», sagte er.
22 Flanken, 15 Ecken
Union ergriff die Chance mit einer gewohnten Energieleistung. 22 Flanken schlug das Team, 15 Ecken spielte es heraus. Doch das Tor ließ auf sich warten. «Dann schreibt der Fußball eigentlich solche Geschichten, dass du irgendwie ein dummes Gegentor bekommst, und dann rennst du der Sache mal richtig hinterher», sagte Khedira.
Dazu führte der SC Freiburg, letzter verbliebener Konkurrent um den offenen Champions-League-Platz, zwischenzeitlich in Frankfurt. Khediras Schlenzer ins rechte Eck war da gut für die Nerven. Doch Fischer lobte auch: «Was ich aber sagen muss und worauf ich wirklich stolz bin, wie ruhig die Mannschaft geblieben ist.» Das Ergebnis der Konkurrenz sei in der Halbzeit kein Thema gewesen. «Das Ziel war, in der zweiten Halbzeit genau gleich zu spielen.» Union musste Druck machen, ohne zu viele Lücken zu lassen.
Die Bremer hatten den Klassenerhalt schon sicher und verteidigten hauptsächlich. Das aber hartnäckig. Ole Werner ärgerte sich, dass sein Team sich nicht für eine Leistung auf Augenhöhe belohnen konnte, doch sagte auch: «Mannschaft, Verein, Fans, Staff, alle können stolz sein, auf das, was wir geleistet haben. Als Aufsteiger die Klasse zu halten, ohne dass wir wirklich mal groß zittern mussten.» Dazu gewann Angreifer Niclas Füllkrug die Torjägerkrone.
«So ne Scheiße, Champions League»
Am Ende gab es am Samstag aber die Berliner Belohnung durch Khedira. Über seine eigenen Jubelgesten machte sich Fischer dabei keine Gedanken. «Ich weiß nicht, was ich gemacht habe. Ich übe das auch nicht zu Hause. Aber ich gehe mal davon aus, dass ich die Faust gemacht habe, weil ich mich wahnsinnig gefreut habe, endlich dieses Tor erzielt zu haben», sagte der 57-Jährige.
«So ne Scheiße, Champions League», sangen derweil die Union-Fans ironisch. Aus den Boxen kam im Stadion schon die berühmte Hymne der Königsklasse. Worte dafür habe er noch nicht, sagte Fischer. «Ich glaube, ich muss das noch ein bisschen sacken lassen.» Und weniger quatschen und mehr feiern, stand ohnehin erst einmal auf dem Programm.