Glaubt vorerst auf eine Impfpflicht beim DFB-Team verzichten zu können: Bundestrainer Hansi Flick. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Hansi Flick musste zunächst sein Bild am Laptop justieren. Was er über seinen in der emotionalen Corona-Debatte angezählten Führungsspieler Joshua Kimmich sagen wollte, hatte sich der Bundestrainer aber ohnehin zurechtgelegt.

«Ich glaube nicht, dass er dafür verantwortlich ist, dass wir so hohe Infektionszahlen haben», sagte Flick während einer Medienrunde des Deutschen Fußball-Bundes. Er berichtete auch von einem persönlichen Gespräch, in dem der Bayern-Profi zumindest die «Tendenz» zur Corona-Impfung gezeigt habe.

Gespräch mit Mittelfeldspieler

Er denke, «dass es auch in die Richtung geht, dass er sich impfen lässt», sagte Flick. «Ich gehe mal davon aus, ja, es ist in Zukunft auch nichts anderes mehr möglich, denke ich mal.» Derzeit befindet sich der 26 Jahre alte Kimmich als ungeimpfte Kontaktperson eines Corona-Falls in Quarantäne, sehr zum Leidwesen des FC Bayern, der wegen Corona gleich auf mehrere Profis verzichten muss. «Ich glaube schon, dass ihn das Ganze beschäftigt», sagte Flick. «Jetzt müssen wir einfach abwarten, wie es weitergeht. Wir müssen Vorbild sein, in dieser Situation ist es nicht so einfach.»

Er glaube, sein Gespräch mit dem Mittelfeldspieler sei «sehr gut» gewesen. «Das muss er selber alleine entscheiden», sagte Flick. «Warten wir ab.» Die nach Kimmich in Quarantäne geschickten Nationalspieler Jamal Musiala und Serge Gnabry sollen inzwischen geimpft sein, Gnabry nach einer Corona-Erkrankung einmal, sagte Flick.

Vorerst keine Impfpflicht für Nationalspieler

Das Corona-Thema verfolgt den Bundestrainer seit mehreren Wochen – zuletzt, weil auch vor den abschließenden WM-Qualifikationsspielen Anfang November Spieler in Quarantäne mussten. Auch Kimmich, Gnabry und Musiala. Eine deshalb diskutierte Impfpflicht für Nationalspieler werde Flick dennoch nicht einführen: «Ich kann jetzt auf Zeit spielen, wir haben im März erst das nächste Länderspiel. Ich denke, bis dahin hat sich vieles verändert.»

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, die mit den DFB-Frauen im kommenden Sommer die EM in England spielt, sagte, bei einer «2G plus»-Regel könne es «mal passieren, dass du einen Spieler oder eine Spielerin nicht nominieren kannst». Unter den deutschen Nationalspielerinnen liege die Impfquote aber bei «nahezu 100 Prozent».

Darauf scheint auch Flick zu setzten, der keinen Zweifel daran ließ, dass bis zur Katar-WM 2022 (21. November bis 18. Dezember) noch viel zu tun sei. «Ich kann sagen, dass wir aktuell keine Benchmarks sind», äußerte der per Video aus London zugeschaltete Flick, der am eigenen Laptop zunächst «doppelt» sah.

«Anspruch, unter die besten Vier zu kommen»

In der Lounge im Frankfurter Stadion vor Ort war DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der Minuten zuvor klargestellt hatte: «Bei jedem Turnier ist unser Anspruch, unter die besten Vier zu kommen». Das gelte für alle Mannschaften des DFB, der sich nach dem blamablen Vorrunden-Aus bei der Männer-WM 2018 das Motto «Zurück an die Weltspitze» auferlegt hatte.

Bierhoff betonte, dass weiterhin am Verhältnis zu den Fans gearbeitet werden müsse. «Das ist unser Anspruch, dass wir in diesen Bereichen an die Weltspitze kommen – das, was wir über viele Jahre hatten, Begeisterung, volle Stadion, Identifikation mit den Jungs, das ist, was für uns Weltspitze bedeutet», sagte der frühere Nationalspieler. «Wir wollen, dass unsere Spieler Vorbilder sind.»

Deshalb werde das Nationalteam vor der WM mit Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch über die Menschenrechtslage im Gastgeberland Katar sprechen. «Für mich ist wichtig, dass wir uns inhaltlich näher mit dem Thema befassen», sagte Bierhoff. «Katar ist natürlich ein Thema, was uns heute schon beschäftigt, aber im nächsten Jahr natürlich besonders.»

Das Emirat steht wegen der Menschenrechtslage und der Bedingungen für ausländische Arbeiter seit Jahren in der Kritik. Katars Regierung verweist auf große Fortschritte und Reformen – Amnesty International kritisierte zuletzt, dass diese nicht ausreichend umgesetzt würden.

Von Jan Mies, dpa
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