Am Ende eines emotionalen wie torreichen Spiels erfüllte Hansi Flick auch noch einen letzten Wunsch. Nach einem längeren TV-Interview drehte sich der Bundestrainer zu der kleinen verbliebenen Fanschar auf der Nordtribüne, lächelte und grüßte.
«Hansi, Hansi» und «Hansi, wink‘ doch mal», hatten die glückseligen Anhänger der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gesungen, die gestern im kalten Wolfsburg trotz des Corona-Schrecks zu Wochenbeginn die Zuschauer begeisterte.
«Das war wirklich gelungen. Das Zusammenspiel zwischen Mannschaft und Fans war toll, eine grandiose Stimmung», sagte Flick nach dem 9:0 (4:0) gegen den chancenlosen und früh dezimierten Außenseiter Liechtenstein in der WM-Qualifikation. «Man muss auch sagen, dass die Mannschaft auch versucht hat, immer wieder Chancen sich herauszuspielen. Wir hätten das eine oder andere Tor mehr machen müssen. Letztendlich sind wir aber sehr zufrieden.»
Lob und Vorfreude
Auf der Tribüne freute sich Ex-Bundestrainer Joachim Löw über den höchsten DFB-Sieg seit dem 13:0 gegen San Marino im September 2006 mit. Er war vor dem Anpfiff von einigen seiner Rio-Weltmeister und mit viel Applaus der Zuschauer verabschiedet worden. «Man muss natürlich immer ein bisschen relativieren, dass wir jetzt natürlich keine extrem schwierigen Gegner in unserer Gruppe haben», sagte Doppeltorschütze Thomas Müller im RTL-Interview.
Sechs Siege in den ersten sechs Siegen hat außer Flick dennoch kein anderer Bundestrainer geschafft. Der 56-Jährige fliegt mit seiner Mannschaft an diesem Samstag nach Armenien, wo in Eriwan am Sonntag (18.00 Uhr/RTL) das letzte deutsche Länderspiel des Jahres steigt. «Mit absoluter Vorfreude» gehe es auf die Reise, sagte Flick. «Da wollen wir noch einen guten Abschluss haben.»
Der Bundestrainer hat das große Ganze im Blick, «den Weg», den er mit der Mannschaft zur WM 2022 in Katar und darüber hinaus gehen will. «Wir wollen uns jedes Spiel weiterentwickeln. Dafür wollen wir jedes Spiel nutzen, auch mit einer Mannschaft, in der viele die Chance hatten, auf sich aufmerksam zu machen», sagte Flick.
Nachdem der positive Corona-Test bei Niklas Süle bei der Ankunft in der Autostadt am Montagabend «etwas Hektik» (Flick) ausgelöst hatte, mussten der Bayern-Abwehrchef sowie vier als Kontaktpersonen eingestufte Profis in Quarantäne, darunter die Leistungsträger Joshua Kimmich und Serge Gnabry. Dazu fielen drei Profis angeschlagen aus, Kai Havertz fehlte gesperrt. Der nominierte XXL-Kaders schrumpfte trotz Nachnominierungen auf Normalgröße.
In Wolfsburg standen die drei VfL-Profis Maximilian Arnold, Lukas Nmecha und der mit einem Traumtor erfolgreiche Ridle Baku gemeinsam auf dem Rasen. Keine alltägliche Situation in einer Nationalmannschaft. Liechtenstein war da ein dankbarer Gegner, das mühsame Anrennen beim 2:0 im Hinspiel im September wiederholte sich nicht. «Die Trainingseinheiten haben uns sehr viel Spaß gemacht, weil wir gesehen haben, dass der Wille, die Bereitschaft da ist, die Idee, die wir vom Fußball haben, auch umzusetzen», sagte Flick.
Konkurrenzkampf belebt, in Armenien halten sich die Optionen für Flick aber in Grenzen. In Wolfsburg war Marc-André ter Stegen als einer von vier Torhütern nicht im Kader, das dürfte sich ändern. Abwehrchef Antonio Rüdiger fehlt gelbgesperrt. Leon Goretzka ist nach dem bösen Foul von Jens Hofer, das in der 9. Minute zu Platzverweis und Elfmeter führte, fit und soll mitfliegen, sagte Flick: «Leon ist ein Spieler, den wir brauchen, gerade in der aktuellen Situation.»